Euch ist heute der Heiland geboren!

"Wort in den Tag" auf Radio Primaton

Liebe Hörerinnen und Hörer,

unsere Welt ist so was von kaputt. Ich meine nicht nur Corona und den Lockdown. Ich meine auch die Kriege, den Hunger, die Millionen Menschen auf der Flucht, den Klimakollaps. Ich meine auch die Obdachlosen bei uns, die Gewalt gegen Kinder, die Armut in unserem Land. Ich meine die Diskussionen im Netz, die wegen kleinster Meinungsverschiedenheiten ausarten bis hin zu Morddrohungen.

Unsere Welt ist so was von kaputt.

Und dann sagt der Engel in der Weihnachtsgeschichte: „Euch ist heute der Heiland geboren!“ Der Heiland. Also der, der heilt. Der alles wieder zurechtbiegt. Der unserer Welt Heilung bringt.

Predigt: Was soll denn dieser Predigttext zur Taufe?

Nee, also das geht ja irgendwie gar nicht, dieser Text. Was soll der denn bitteschön am Taufsonntag? Hier geht‘s doch gar nicht um die Taufe. Hier geht‘s um den Bund Gottes mit Israel. Ehrlich, an manchen Stellen frage ich mich, was sich die Perikopenkommission so gedacht hat, als sie die neuen Predigttexte rausgesucht haben. Ich werd mich jetzt da mal beschweren. Kleinen Moment bitte. Ich ruf da jetzt mal an.

Hallo, ist da die Perikopenkommission? Hier ist Pfarrer Kuschel aus Schweinfurt. Ich stehe hier grade auf der Kanzel in St. Salvator. Ja, Frau Müller, hallo, entschuldigen Sie, dass ich Sie am Sonntagmorgen störe, aber ich frage mich wirklich, was Sie sich dabei gedacht haben, dass Sie den heutigen Predigttext auf den Tauferinnerungssonntag gelegt haben. OK, er ist eigentlich viel zu schade, um so ein Schattendasein zu führen wie bisher. Da war er am Israelsonntag einer von diesen sogenannten „weiteren Texten“. Aber zur Taufe? Entschuldigung, darum geht‘s doch hier gar nicht!

Predigtslam: von oben

Von oben ronn der Tod in meine Wohnung. Not, Trauer, Trotz. Anna war tot. Die Sonne unseres Wohnblocks. Die wundervolle, hinreißende, fröhliche, herzensgute, immer freundliche Anna. 

Nur 35 Jahre war sie geworden, und nun tropfte der Tod von oben unaufhaltsam durch alle Ritzen und Löcher aus ihrer Wohnung nach unten zu mir. 

Unter die Stühle und Tische, unters Bett, in den Herd, in alle Spalten, alle Falten, konnte schalten und walten, war nicht aufzuhalten, ließ die Wohnung erkalten, kroch in mich hinein, in die Adern, den Magen, die Lunge, die Nieren, die Seele. Flüsterte mir zu: „Es ist sinnlos! Am Ende stehe ich, der Tod! Gott? Den gibt‘s nicht. Nie gesehen. Nie hier gewesen. Ich bin der Tod.“ 

Predigt beim MehrWegGottesdienst „Wir verstehen es auch nicht“

Gott, wo bist du? Wo hältst du dich versteckt?

So frage ich. Frage ich. Frage ich.

Das Leid der Menschen, die ich als Pfarrer begleite, schreit zum Himmel, Gott.

Die Eltern, die ihr Kind verloren, vier Jahre war es alt.

Die Menschen, die gegen den Krebs kämpfen. Junge wie alte. Und oft, viel zu oft, verlieren.

Die, die die Hoffnung aufgegeben haben. Die innerlich schon tot sind, obwohl sie noch existieren.

Predigt: Bis zum Tod und wieder zurück!

Liebe Gemeinde!

Weißt du eigentlich, wie lieb ich dich hab? So fragt der kleine Hase den großen Hasen. Immer größer werden die Vergleiche. Und am Schluss sagen sie: Bis zum Mond und wieder zurück, so lieb hab ich dich! Dann schläft der kleine Hase glücklich ein.

Weißt du eigentlich, wie lieb ich dich hab? So fragt Gott uns. Und immer wieder zeigt er es uns. Manchmal in ganz kleinen Dingen. In einem köstlichen Frühstück. Im Lächeln eines anderen Menschen. Oder ganz groß: Im Schrei eines neugeborenen Kindes. Im Kuss eines geliebten Menschen. In der Sonne, die mich kraftvoll wärmt.

“Weißt du eigentlich, wie lieb ich dich hab?“ fragt Gott. “Bis zum Tod - und wieder zurück.“ #Ostern

Ein von Heiko Kuschel (@kuschelkirche) gepostetes Foto am

Flüchtlinge und Deutsche - eine Entgegnung auf einen anonymen Brief

Lieber anonymer Briefschreiber, liebe anonyme Briefschreiberin!

Nein, schon jetzt muss ich mich korrigieren: Lieb sind Sie nicht. Sehr geehrt aber auch nicht, auch wenn ich Sie als Mensch respektiere und sogar versuche, Ihre Ängste nachzuvollziehen und mir auch die Mühe mache, darauf zu antworten. Antworten kann ich nur öffentlich, denn Sie lassen mir mit Ihrem anonymen Brief keine andere Möglichkeit.

Zunächst einmal: Das, was da in Köln und anderswo geschehen ist, ist schlimm und  absolut verachtenswert. Keine Frau – aber auch kein Mann – sollte so eine Behandlung in unserem Land erdulden müssen.

Texte von "Klänge in der Nacht" am 11.12.2015

Mose an der KanzelIch bin Mose. Vor über 300 Jahren stellte man mich unter diese Kanzel. Als ein Zeichen für die Menschen: Die Predigten hier, sie stehen auf dem Grund der Zehn Gebote. Die Predigten, die hier gehalten werden, sie fußen auf dem Alten Testament. Ihr habt gemeinsame Wurzeln mit dem Judentum. Manchmal, in eurer Geschichte, da wäre es gut gewesen, ihr hättet auf dieses Zeichen geachtet.

Ich bin Mose. Vor über 300 Jahren stellte man mich unter diese Kanzel. Einsam, manchmal hilflos stehe ich da. Ich habe alles gesehen, alles erlebt, was ein Mensch erleben kann. Ich habe euer jetzt, jetzt, jetzt gesehen. Euer Leben. Arbeit und Schlaf. Krieg und Zerstörung. Wiederaufbau. Hoffnung. Große Feste, große Trauer. Und immer wieder die Frage: Was hat das mit Gott zu tun? Wo ist er, wenn wir trauern? Was ist Gottes Platz, wenn wir feiern? Was verbindet Gott und die Welt?

Das Ziel ist Weg: Ansprache beim MehrWegGottesdienst

Das Ziel ist weg.
Genauer gesagt: 
Das Ziel unseres Gottesdienstes.
Weg.
Verschwunden.
Zumindest in den Hintergrund gerückt.

Ein paar hasserfüllte Menschen 
haben sich in unsere Wahrnehmung gebombt, 
vor nicht mal 48 Stunden.
Lebenswege wurden beendet.
Lebenswege, die noch nicht mal richtig begonnen hatten.
Jugendliche, die feierten.
Menschen voller Hoffnung, voller Ziele.

Das Ziel ist weg.
Und nun?
Unsere eigenen Ziele sehen plötzlich
so nichtig aus.
Klein.
Unbedeutend.
Weggebombt vom großen Beender aller Wege,
dem Tod.

Unsere eigenen Wege sind plötzlich
so klein, so schal, so unbedeutend.
Unsere Umwege, unsere Irrwege:
Was sind die schon
im Angesicht von Tod,
Gewalt
und grenzenloser Trauer?

Und Gott? Er wirkt so fremd.
So fern.
So rätselhaft.
„Meine Wege sind nicht eure Wege“, donnert er.

Und ich erinnere mich,
was Gottes Weg ist.
Wie Gott selbst
in diese Welt kam.
Wie er in Jesus lebte.
Wie er liebte und sich stritt.
Wie er geheilt hat und verziehen,
wie er voller Liebe
nicht einmal Gewalt Einhalt gebot.

Gottes Weg:
Er endete im Tod,
dem großen Beender aller Wege.
Und endete dort nicht:

„Meine Wege sind nicht eure Wege“, flüstert er.
Ganz zart, ein kleines Leben,
wird er der große Beginner aller Wege.

Das Ziel ist Weg.
Gottes Ziel ist:
Ein Weg für uns.
Darum:
Unser Weg endet nicht
im Tod
in Trauer
in Angst und Verzweiflung.

Unser Weg geht weiter.
„Meine Wege sind nicht eure Wege“, so verheißt er
Und öffnet für uns neue Wege.

Freude.
Hoffnung.
Leben.
Frieden.

8 Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der HERR, 
9 sondern so viel der Himmel höher ist als die Erde, so sind auch meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken.
12 Denn ihr sollt in Freuden ausziehen und im Frieden geleitet werden. Berge und Hügel sollen vor euch her frohlocken mit Jauchzen und alle Bäume auf dem Felde in die Hände klatschen. 
13 Es sollen Zypressen statt Dornen wachsen und Myrten statt Nesseln. Und dem HERRN soll es zum Ruhm geschehen und zum ewigen Zeichen, das nicht vergehen wird.

Jesaja 55

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