Predigt: Achterbahn des Lebens

Volksfestgottesdienst-2018-A4-Web_0.jpgAnsprache beim Volksfestgottesdienst 10.6.2018

U: Mensch, Heiko, du traust dich doch sicher, in den 80 m hohen Free-Fall- Tower zu steigen, oder?

H: Ich, bist du verrückt?  oder: ja, klar, das Ding bin ich schon gefahren … oder sonst was …

Also, mein Sohn Benjamin will da unbedingt noch rein. Das hat er schon großspurig angekündigt. Der liebt nämlich den Nervenkitzel und das Gefühl im Bauch, wenn das Ding von oben nach unten von unten nach oben saust. Aber MICH, nein, mich kriegen da keine 10 Pferde rein. 
Da nehm ich dann lieber das kleinere Übel und setz mich in die Achterbahn - aber nur, wenn es wirklich sein muss. 

Ach, du Angsthase! Ne, aber mal im Ernst. Die Achterbahn ist doch echt was Tolles. Und wenn ich so darüber nachdenke, dann ist sie ein Bild, das sogar für unser Leben passt. 

Für unser Leben? Wie meinst du das? Die Ängste, die ich da ausstehen muss, die brauche ich im Leben echt nicht auch noch. 

Nein, jetzt aber mal ganz langsam. Du musst da ja auch nicht rein. Aber manchmal ist doch unser Leben auch wie so eine Achterbahnfahrt. Da gibt es gerade Strecken, da geht etwas vorwärts - ob beruflich oder privat. Aber dann kommen auch Kurven, wo man noch nicht richtig weiß, was dahinter ist. Oder es geht auch mal abwärts und man steckt ganz unten fest. 

Ja, da hast du auch wieder recht. Unser Leben ist manchmal wie ein Auf und ab. Da läuft mal eine Zeit lang alles recht gleichförmig ab, aber dann freut man sich vielleicht auf einen Geburtstag - wo man mal wieder alle seine Freunde und die Familie sieht. Oder in der Familie läuft es gut. Die Kinder entwickeln sich. Es gibt kleinere oder größere Highlights. Oder man feiert so wie heute im Festzelt und lässt es sich gut gehen. 

Stimmt. Das ist das eine. Aber es gibt leider auch die andere Seite. In unserer Arbeit begegnen uns genügend Leute, die so richtig durchgeschüttelt worden sind: sei es, weil sie krank oder arm sind, weil sie vielleicht eine Scheidung hinter sich haben, oder weil jemand gestorben ist, den sie besonders ins Herz geschlossen haben. 

Ja, manche Menschen hat das Schicksal wirklich schwer getroffen und sie sind ganz unten angelangt. Wenn man in einer kritischen Situation steckt, fragt man sich manchmal: Wo ist denn Gott? Warum lässt er das jetzt zu? Und dann fragt man sich auch: Wo finde ich Halt und die nötige Kraft, da wieder rauszukommen?


Ja, Ulli, das sind tatsächlich die Fragen, die dann Menschen beschäftigen. Und es gibt keine einfachen Antworten darauf und auch keinen billigen Trost. 

Mir ist da die Stelle vom 2. Brief an die Korinther eingefallen (die wir gerade gehört haben). Da nimmt Paulus kein Blatt vor den Mund, wenn er schreibt, dass wir Menschen wie zerbrechliche Gefäße sind. Ja, es gibt Menschen, die zerbrechen an Schicksalsschlägen, weil sie nicht mehr ein noch aus wissen. 

Aber es gibt zum Glück auch noch das andere: dass Menschen eben nicht zerbrechen. Dass sie trotz vieler Probleme die Kraft finden, da durchzukommen. Manchmal helfen da Freunde oder der Partner und die Partnerin - Menschen, auf die man sich verlassen kann. Die uns Halt geben und Sicherheit, wenn eben bestimmte Sicherheiten wegbrechen. Auf die wir uns verlassen können, weil da viel Vertrauen gewachsen ist. 

Ja, das ist doch ein schönes Bild. Den Halt bekommen wir durch Menschen, die uns nahe stehen. Die zu uns stehen - auch dann, wenn es kurvig wird und wir drohen, aus der Bahn geworfen zu werden. Sie sind für uns wie ein Geländer, an dem wir uns festhalten können. 

Stimmt. So ein Geländer, an dem wir Halt finden, möchte auch Gott für uns sein. Er ist da und bietet sich uns an, wenn wir einmal nicht mehr weiter wissen und uns in die Enge getrieben fühlen.
 
Lieber Heiko, ich kannte jemanden, wo das wirklich so war - wo Gott wie ein Geländer für diesen Menschen war. Und davon will ich am Schluss noch kurz erzählen. Es geht um meine Nachbarin Mathilde. Mathilde musste damals, vor vielen Jahren, einen schweren Schicksalsschlag hinnehmen. Ihre bis zu diesem Zeitpunkt einzige Tochter ist tödlich verunglückt. Aber Mathilde hat ihren Glauben nicht verloren. Im Gegenteil: Sie war sogar eine zuversichtliche und humorvolle Frau. Mathilde wurde über 100 Jahre alt - manche von unserer Band hier haben sie noch gekannt, denn sie stammte wie ich aus Eßleben. Mathilde war für mich in meiner Kindheit ein großes Vorbild für ein unerschütterliches Gottvertrauen. Denn ich bin mir sicher: sie hätte das nicht geschafft und wäre wohl an diesem Schicksalsschlag zerbrochen, wenn sie nicht ihren Glauben gehabt hätte. Sie hat sich die Kraft von Gott geholt.

Ja, die Kraft für unser Leben geben uns auf der einen Seite Menschen, die uns nahe stehen und für die wir auch unser Leben einsetzen, aber letztendlich steckt sie in uns selbst. Wir bekommen sie von Gott. Und viele Menschen spüren sie auch und setzen sie ein für andere. 

Stimmt: Wir haben etwas in uns, das uns stark macht und uns Halt gibt - und das kommt von Gott. Es will aber gehegt und gepflegt werden - wir sollten uns dieser Kraft, die von Gott kommt, immer wieder vergewissern und dafür offen sein. Paulus nennt es in seinem Brief an die Korinther „das Übermaß an Kraft“. Wenn wir uns für diese Kraft öffnen, dann werden wir manche Krisen in unserem Leben leichter meistern - da bin ich mir sicher. Meine Nachbarin Mathilde hat es vorgemacht. Amen.