Wagenkirche: Schnell mal Kirche

Schnell mal Kirche – die Wagenkirche in Schweinfurt

von Günter Schmitt - zuerst erschienen im Gemeindebrief November 2011

Seit Juni ziehen wir - das sind die Cityseelsorger Günter Schmitt und Heiko Kuschel – mit unserer Wagenkirche durch die Schweinfurter Innenstadt. Jeden Freitag zwischen 11.00 Uhr und meistens 14.00 Uhr sind wir auf den Straßen und an verschiedenen Plätzen anzutreffen. Unser Gefährt, von der Gesellschaft zur beruflichen Förderung gebaut, erregt Aufsehen und es führt zu sehr unterschiedlichen Reaktionen.

 

Viele Leute lachen uns an (wohlgemerkt nicht aus). Sie finden es lustig, dass da zwei mit einer Kirche durch die Stadt ziehen. Die Kinder sind am offensten: „Guck Mama, da kommt eine Kirche“. Diese Reaktionen öffnen für uns viele Möglichkeiten zu einem kurzen Gespräch mitten auf der Straße. Und das sind keine belanglosen Tratschereien; wir sind oft ganz schnell mitten bei den Leuten, bei ihrem Leben, bei ihrem Glauben, bei ihrer Einstellung zu Kirche.
Manche Leute strengen sich ziemlich an, an uns vorbeischauen zu können. Da ist unser Rezept für Kontakt, dass wir immer alle grüßen, die uns begegnen. Unser „Grüß Gott“ verstehen wir als ersten Dialog, denn dabei geht´s ja auch schon um Gott.

Es gibt viele Seitenkommentare, z.B. aus den Cafes oder aus den Wartebuchten am Rossmarkt und auch da gibt es meistens spontane und meist lustige Dialoge. Der „Running Gag“ ist zur Zeit noch: „Man soll doch die Kirche im Dorf lassen!“ Unsere Reaktionen darauf sind unterschiedlich, je nach Schlagfertigkeit. Demnächst wird es auf unserer Homepage www.wagenkirche.de eine Hitliste der besten Sprüche geben. Daneben hören sich dort auch recht viele Menschen unsere kleinen Impulse zum Leben, zum Glauben und zum Wochenende an. Manche fordern unsere Texte richtig an. Sehr oft werden wir auch darauf angesprochen, von welcher Konfession wir kommen. Wenn wir dann sagen, dass wir ökumenisch unterwegs sind, kommt meist große Zustimmung. Ökumene ist bei den Menschen längst eine Realität, die von der amtlichen Seite endlich eingeholt werden sollte.
An meistens vier Orten halten wir an und „predigen“. Meist haben wir eine Kleinigkeit dabei, die wir dann auch in unseren Impuls einbeziehen. Manchmal aber kommen wir nicht einmal zum Aufbauen unserer Gerätschaften, weil gleich jemand das Gespräch sucht. Und da ergeben sich teils tiefe, erfüllende, aber auch verstörende Gespräche, vereinzelt sind wir auch für den Hass der Abladeplatz, der sich aus tiefen Verletzungen entwickelt hat. Die Menschen scheinen kaum Scheu zu haben, mit einer solchen Kirche, die ihnen so nahe kommt, Kontakt aufzunehmen. Für uns ist das immer wieder auch eine Herausforderung, weil wir ohne alles den Leuten begegnen. Diese „Nacktheit“ ist eine große Chance, die die Leute wertschätzen.

Die vielen Kontakte und Gespräche machen mir immer wieder deutlich, dass es sich –jedes Mal mit Herzklopfen – lohnt, loszuziehen und Kirche zu wagen, den Menschen zu zeigen, dass Glaube Freude bringen kann, auch wenn man manchmal ein bisschen verrückt erscheint.
Günter Schmitt