Kirche und Politik - das gehört zusammen

Sag mal Ulli, weißt du noch, wo du heute vor 30 Jahren warst? Also am Tag, bevor die Mauer gefallen ist.

(….)

Ich weiß es noch ganz genau. Ich saß als Zivi in einem Staatsbürgerkundeseminar in Leutkirch im Allgäu. Unser extrem langweiliger Referent meinte nur „Schaut mal heute abend die Nachrichten, da passiert was Interessantes“ und hat dann weitergemacht mit seinem Vortrag über das Schulwesen der DDR. Wir haben natürlich nicht Nachrichten geschaut – und als ich heimkam, war die Mauer offen und ich hatte es verpasst.

Das ist natürlich schon doof, wenn du so ein besonderes Ereignis verpasst hast. Aber es ist ja schon ein Wunder, dass das alles so gewaltlos und friedlich gelaufen ist.

Ja, allerdings. Und da können wir als Kirchen ruhig auch mal stolz drauf sein, denn die Kirchen in der DDR hatten da einen großen Anteil. Nicht erst die Friedensgebete an der Nikolaikirche in Leipzig. Schon vorher haben viele kirchliche Stellen für den Ausgleich gesorgt, Ausreisewillige beraten usw. 

Und auch nach der Wende haben sich die Kirchen für die Demokratie eingesetzt und z.B. den Runden Tisch einberufen.

Ja. Für mich gehört das auch unbedingt zusammen: Christ sein, Glauben und sich für die Gesellschaft einsetzen, in der wir leben. Damit es allen Menschen gut geht.

Das tun wir heute auch wieder, aber an ganz anderen Stellen.

Ja, in der Caritas und Diakonie helfen wir vielen Menschen, die Not leiden. Armen, Kranken, Obdachlosen und Menschen, die bei uns Asyl suchen.

Und in diesen Tagen denken wir natürlich auch besonders an die Novemberpogrome vor 81 Jahren.

Ja. Wir stehen für Versöhnung und Mitmenschlichkeit. Auch hier in Schweinfurt wurde die Synagoge damals zerstört. So etwas darf nie mehr passieren. Morgen um 19 Uhr laden wir deshalb ein zu einer Gedenkandacht in St. Johannis. Es darf einfach nicht sein, dass Juden heute in Deutschland Angst haben müssen, sich auf der Straße zu erkennen zu geben. 

Da stimme ich dir zu. Und es ist gut, dass wir da klar Position beziehen. Aber auch in Zukunftsfragen sind wir als Kirchen politisch gefordert. Wir setzen uns auch für die Erhaltung der Schöpfung ein.

„Churches for future“. Die Wissenschaftler sagen klar: Wenn wir unser Leben nicht radikal ändern, wird das Leid der Menschen in 30, 40 Jahren für uns heute unvorstellbar sein. Mir ist das unverständlich, dass immer noch viel zu wenig unternommen wird, um die Klimakatastrophe abzuwenden. Und dass es immer noch so viele Menschen gibt, die so tun, als wäre das alles nur erfunden oder übertrieben.

Darum rufen wir auch als Kirchen dazu auf, alles zu tun, damit auch unsere Kinder noch gut auf dieser Welt leben können.

Heute ist wieder Demo ab 13:30 auf dem Schillerplatz.

Und in drei Wochen am 29.11. ist wieder großer weltweiter Klima-Aktionstag.

Foto: Lear 21 at English Wikipedia [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)]