Predigt beim MWG am 11.11.12: Anders leben!

 Ansprache beim MehrWegGottesdienst am 11.11.2012 „anders leben“

Lukas 10, 17-22 Die Gefahr des Reichtums (»Der reiche Jüngling«)
17 Und als er sich auf den Weg machte, lief einer herbei, kniete vor ihm nieder und fragte ihn: Guter Meister, was soll ich tun, damit ich das ewige Leben ererbe?
18 Aber Jesus sprach zu ihm: Was nennst du mich gut? Niemand ist gut als Gott allein.
19 Du kennst die Gebote: »Du sollst nicht töten; du sollst nicht ehebrechen; du sollst nicht stehlen; du sollst nicht falsch Zeugnis reden; du sollst niemanden berauben; ehre Vater und Mutter.«
20 Er aber sprach zu ihm: Meister, das habe ich alles gehalten von meiner Jugend auf.
21 Und Jesus sah ihn an und gewann ihn lieb und sprach zu ihm: Eines fehlt dir. Geh hin, verkaufe alles, was du hast, und gib's den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben, und komm und folge mir nach!
22 Er aber wurde unmutig über das Wort und ging traurig davon; denn er hatte viele Güter.

Anders leben: So lautet unser Thema heute. Was heißt das eigentlich für uns? Ich glaube, vielen geht es so: Wir haben Sehnsüchte und Wünsche, wie unser Leben aussehen könnte. Und die gehen weit darüber hinaus „Ach, hätte ich doch mehr Geld, dann könnte ich ...“ Eher vielleicht „hätte ich mehr Zeit“ oder „hätte ich mehr Freiheit“.

Einer hat sein Leben radikal verändert. Heute, am Martinstag, denken wir an ihn. Ich meine gar nicht so sehr die Geschichte, wie er seinen Mantel mit dem Bettler teilte. Sondern dass er, der durchaus wohlhabende Offizier, sein ganzes Leben an den Nagel hängte und ein Kloster gründete, ganz arm lebte.

Es muss nicht unbedingt dieses arme Leben sein, nach dem wir streben. Obwohl es manchmal auch eine gewisse Anziehungskraft hat, sich einfach von allem frei zu machen. Anders leben: Was heißt das eigentlich?

Irgendwie das eigene Leben verändern. Sinn finden statt Terminen hinterherrennen. Freude statt Ärger. Lust statt Frust. Anderen etwas bedeuten. Spaß haben ...

Apropos Spaß haben. Heute feiern wir ja auch Faschingsanfang. Eine kleine Möglichkeit, mitten im normalen Alltag doch mal auszubrechen. Anders zu leben. Jemand anderen darzustellen. Auch mal die üblichen Regeln des Zusammenlebens beiseitezulassen, über die Stränge zu schlagen. Na ja, das ist zwar ganz schön, hinterlässt aber doch oft einen schalen Geschmack, einen Kater und das Gefühl: Lebenserfüllend war das jetzt wohl nicht. Kein wirklich neuer Entwurf für ein besseres Leben. Nur ein bisschen Spaß, so wichtig der auch ist.

Anders leben: Neue Wege gehen. Ein paar neue Wege haben wir Ihnen im ersten Teil des Gottesdienstes vorgestellt. Nach welchen Änderungen sehnen Sie sich für Ihr eigenes Leben? Und was hindert Sie, diese Änderungen auch durchzuführen? Wo finden Sie vielleicht Verbündete für Ihre Pläne? Was ist, auf der anderen Seite, auch gut so, wie es ist?

Anders leben: Auf dem Plakat stand auch „anders feiern“. Wir feiern Gottesdienst – doch auch den anders als üblich. Im MehrWegGottesdienst ist Platz für Ihre eigenen Gedanken, Wünsche, Sehnsüchte. Platz auch für Zweifel und Fragen. Für Segnen und gesegnet werden. Vielleicht gehört zum „anders leben“ auch dazu, dass Sie hier mit anpacken wollen? Unser Team könnte ein wenig Verstärkung gebrauchen, auch die Werbung müsste breiter gestreut werden.

Anders leben: Manchmal sind es große Ziele, die wir haben. Das ganze Leben umkrempeln. Alles neu machen. Manchmal sind es vielleicht auch nur Kleinigkeiten wie „ich will jeden Tag fünf Minuten früher aufstehen und einen Satz aus der Bibel lesen“ oder „ich will zwei Kilo abnehmen“ oder „ich will etwas mehr für einen guten Zweck spenden“. Das ganz große Ziel erscheint uns manchmal einfach zu groß. So wie es dem jungen Mann in der Geschichte erging, die ich gerade vorgelesen habe. Dem war dieses „verkaufe alles, was du hast“ einfach zu groß. So geht's uns sicher auch manchmal mit diesem „anders leben“. Da ist mir ein Satz aus der Geschichte besonders wichtig geworden. Einer, den man beim Lesen einfach überhören könnte. Da heißt es nämlich über Jesus und den jungen Mann: Jesus gewann ihn lieb. Auch, wenn Jesus wusste: Der kann sich nicht von allem lösen. Der kann nicht komplett anders leben. Noch bevor Jesus seine Forderungen an den jungen Mann formuliert, heißt es da: Jesus gewann ihn lieb.

Das heißt: Auch, wenn wir hinter unseren eigenen Forderungen, was das „anders leben“ angeht, zurückbleiben: Jesus hat auch uns lieb. So, wie wir sind. Auch, wenn wir manchmal zu schwach sind, alles zu tun, was wir gerne tun würden.

Aber: Wir sind viele. Sehr viele. Und ich glaube: Gemeinsam könnten wir viel mehr erreichen. Ungefähr ein Drittel aller Menschen auf der Welt gehört dem Christentum an. Anders leben: Das bedeutet für mich auch, dass wir gemeinsam noch viel mehr daran arbeiten müssen, diese Welt zum Besseren zu ändern. Hier, bei uns vor Ort. Aber genauso auch weltweit. Damit die ganze Welt anders leben kann. Freier. Gerechter. Ohne Hunger und ohne Not.

Amen.