Predigt: Jesus heilt die Wortlosen

Predigt am drittletzten Sonntag im Kirchenjahr

Schweinfurt, Kreuzkirche Oberndorf, 12.11.2017

Und Jesus trieb einen bösen Geist aus, der war stumm. Und es geschah, als der Geist ausfuhr, da redete der Stumme. Und die Menge verwunderte sich. Einige aber unter ihnen sprachen: Er treibt die bösen Geister aus durch Beelzebul, ihren Obersten. Andere aber versuchten ihn und forderten von ihm ein Zeichen vom Himmel. Er aber erkannte ihre Gedanken und sprach zu ihnen: Jedes Reich, das mit sich selbst uneins ist, wird verwüstet, und ein Haus fällt über das andre. Ist aber der Satan auch mit sich selbst uneins, wie kann sein Reich bestehen? Denn ihr sagt, ich treibe die bösen Geister aus durch Beelzebul. Wenn aber ich die bösen Geister durch Beelzebul austreibe, durch wen treiben eure Söhne sie aus? Darum werden sie eure Richter sein. Wenn ich aber durch Gottes Finger die bösen Geister austreibe, so ist ja das Reich Gottes zu euch gekommen. Wenn ein Starker gewappnet seinen Palast bewacht, so bleibt, was er hat, in Frieden. Wenn aber ein Stärkerer über ihn kommt und überwindet ihn, so nimmt er ihm seine Rüstung, auf die er sich verließ, und verteilt die Beute. Wer nicht mit mir ist, der ist gegen mich; und wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut.

 

Jesus trieb einen bösen Geist aus, der war stumm.

Ja klar, wir würden das heute nicht mehr so sagen.

Von bösen Geistern reden wir nicht mehr.

Wir nennen das alles anders.

Krankheit vielleicht. Eine psychische womöglich.

Kann man heilen, eventuell.

Mit guten Ärzten.

Böse Geister müssen wir nicht austreiben.

Oder doch?

 

Ein Freund von mir feiert Geburtstag.

„Das mit Gott – das haben sich die Menschen doch nur ausgedacht!“

Und ich?

Bleibe stumm.

Will seine Feier nicht verderben.

Erzähle nichts, gar nichts,

davon, wie ich selbst

Gottes Nähe spüre.

Wortlos.

Als wär in mir ein böser, stummer Geist.

 

Ich denk an den Bettler.

Stumm lief ich vorbei.

Hilflos.

Wusste so gar nicht, was ich tun soll.

Wortlos.

Als wär in mir ein böser, stummer Geist.

 

Ich denke an einen Menschen, der trauert.

Könnte ich ihn trösten?

So lange haben wir nicht mehr geredet.

Warum jetzt anfangen damit?

Wortlos.

Als wär in mir ein böser, stummer Geist.

 

Ich treffe eine alte Freundin.

„Von Düsseldorf nach Berlin bin ich geflogen!“

Und ich sagte nichts von

meinen Freunden, drüben in Papua-Neuguinea,

die ihre Inseln verlassen

weil das Wasser steigt.

Ich sage nichts von der Bahn,

die auf dieser Strecke fast so schnell ist.

Sage nichts

von Klimawandel

und unserer Verantwortung.

Wortlos.

Als wär in mir ein böser, stummer Geist.

 

Ich denke an unsere Kirche.

Wie stumm, wie hilflos sie manchmal scheint.

Der Umbruch unserer Zeit

scheint sie stumm zu machen,

hilflos,

kraftlos,

mutlos.

Wortlos.

Als wär in ihr ein böser, stummer Geist.

 

Ich denke an Sie. Sie sitzen hier.

Sie kennen sich selbst.

Sie wissen um die eigene Hilflosigkeit.

Die eigene Wortlosigkeit.

Wo verstummen Sie?

Was lähmt Sie?

Was macht Sie wortlos?

Wo in Ihnen steckt er, der böse, stumme Geist?

 

Jesus trieb einen bösen Geist aus, der war stumm. Und es geschah, als der Geist ausfuhr, da redete der Stumme.

 

Jesus ist anders.

Jesus hat Worte für uns.

Gottes Wort.

Bei Jesus fängt der Stumme an zu reden.

Jesus vertreibt

die bösen Geister

unsere Ohnmacht

unser Verstummen

unsere Angst

unsere Wortlosigkeit.

 

Jesus macht dem Stummen Mut

zu reden

zu rufen

von Gott zu erzählen

und von allem, was ihn bewegt.

 

Voller Mut,

ohne Angst,

frei und fröhlich und vergnügt.

 

Und Jesus selbst?

Boah, der hat jetzt aber Ärger am Hals!

Das geht doch nicht mit rechten Dingen zu!

Der steckt bestimmt mit dem Teufel unter einer Decke!

Alles nur Show!

Ein abgekartetes Spiel!

 

Tja, Jesus.

Jetzt müsstest du tun, was wir dann oft tun.

Abtauchen.

Kleinlaut werden.

Verstummen.

Wortlos.

Als wär in dir ein böser, stummer Geist.

 

Doch du? Du fegst alle Zweifel weg.

„Selbst wenn‘s so wäre, dass ich mit dem Beelzebul gemeinsame Sache mache: Das wäre doch gut für euch! Das hieße: das Böse liegt im Streit mit sich selbst!“

So oder so: Gottes Kraft gewinnt.

Gottes Wort hat Macht.

Du, Jesus, handelst aus der Vollmacht des Wortes.

Aus der Liebe,

der Liebe, die heilt,

der Liebe, die uns Mut schenkt

Mut und Worte

und Zuversicht

 

So will ich sein, Jesus.

Voller Zuversicht, voller Mut, voller Freude

und voller Mitgefühl für alle,

die mein Wort nötig haben.

Für die Schwachen,

die Stummen,

die Mutlosen,

die Wortlosen.

Sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund.

Amen.