Ansprache beim MehrWegGottesdienst 17.2.2013: Überraschung!

- heute leider keine Aufnahme zum Nachhören -

Überraschung!

Ja, ich muss gestehen, der Papst hat mich überrascht. Und dass ich mal eine so wichtige Neuigkeit aus diesen Monitoren in der Stadtgalerie zuerst erfahren würde, hat mich fast noch mehr überrascht. Diese Überraschung ist Benedikt XVI wirklich gelungen. Lange geplant, so wie es aussieht, nun bekannt gemacht worden.

Manche finden's gut und richtig, manche können sich gar nicht damit abfinden. Unbequem ist es auf jeden Fall. Wir müssen uns auf Neues, Ungewohntes einstellen. Den gewohnten Trott verlassen. Neue Wege gehen, wo die alten doch vielleicht ganz bequem waren. Und was kommt nach? Vielleicht endlich mal ein Papst, der die Erneuerung der katholischen Kirche vorantreibt, wie manche meinen? Oder einer aus Afrika, der dann überraschenderweise für uns Deutsche noch viel konservativer wirkt als Benedikt XVI? Überraschung führt zu Unsicherheit.

Wenn wir zu Kindern sagen. „Ich hab eine Überraschung für dich!“ - dann ist klar: Es handelt sich auf jeden Fall um etwas Schönes, Positives. Etwas, worüber sich das Kind hoffentlich freuen wird – wenn wir nicht zu hohe Erwartungen geweckt haben und dann die Enttäuschung groß ist, weil's halt „nur“ ein mitgebrachter neuer Pulli ist oder so was. Und uns Erwachsenen macht es auch einfach Spaß, Kinder zu überraschen. Zu sehen, wie sie sich freuen.

Für uns Erwachsene ist das anders. Da ist es eher so wie das, was ich gerade beschrieben habe: Überraschungen sind nicht immer gerne gesehen. Es ist viel bequemer, wenn der Ablauf feststeht, wir haben doch eh alle so viel um die Ohren.

Und was dann an Überraschungen kommt, ist erfahrungsgemäß eher irgendwas im Bereich „Katastrophe“ als im Bereich „Lottogewinn“. Auf den Meteoriten hätten die Ukrainier neulich sicher gerne verzichtet. Und was bei uns im Beruf oder in der Familie so passiert, gehört wohl auch häufiger zu den unangenehmen Überraschungen.

Manchmal weiß man's auch nicht so genau. Ist das, was da auf mich zukommt, gut oder nicht? Eine Job- oder Wohnungskündigung kann die Chance sein, was Besseres zu finden – oder eben auch nicht, mal abgesehen von dem Stress mit dem Umzug. Sogar ein Herzinfarkt kann etwas Positives sein, wenn der Betroffene nachher bewusster lebt, sein Leben mehr gestaltet, genauer weiß, was er will und was nicht. Und umgekehrt wissen wir ja aus diversen Berichten, dass auch ein Lottogewinn die Menschen nicht unbedingt glücklicher macht, sondern sie manchmal anschließend völlig pleite und unglücklich sind, wenn sie alles ausgegeben haben und noch viel mehr.

Und auch die exakt gleiche überraschende Nachricht ist für den einen was Wunderschönes, für den anderen ein Weltuntergang. Denken wir nur mal an den berühmten Satz „Ich bin schwanger!“ - wie unterschiedlich der aufgenommen werden kann. Und auch da dann wieder: Viele, die sich das am Anfang überhaupt nicht vorstellen konnten, sind am Ende froh und sagen: Meinen Kleinen, meine Kleine geb ich nie wieder her, gut dass ich sie habe.

Überraschungen sind nicht planbar. Sie kommen über uns, wir müssen uns irgendwie dazu stellen, ob wir wollen oder nicht. Manchmal können wir aber auch selber überraschend sein. Anders als die Leute von uns erwarten. Freundlich sein, wo's keiner erwartet. Großmütig sein. Jemanden beschenken, einem eine Freude oder ein Kompliment machen.

Das ist etwas, was ich an Jesus ganz besonders liebe. Darum haben wir auch vorhin die drei Geschichten von Jesus vorgelesen: Jesus hat immer wieder völlig überraschend gehandelt. Wer hätte denn schon erwartet, dass er auf einer Hochzeit Wasser zu Wein macht? Dass er einfach nur dafür sorgt, dass die Menschen sich weiter freuen können?

Oder die Sache mit der Ehebrecherin. Da dachten seine Gegner, jetzt haben sie ihn. Entweder entscheidet er sich für die Todesstrafe, wie sie das damalige Gesetz vorschrieb. Dann wäre er ein herzloser Paragraphenreiter, seine Botschaft von der Liebe nichts wert. Oder aber er stellt sich dagegen, dann wäre er ein Gesetzesbrecher und damit verachtenswert.

Schon das erste Überraschende: Jesus antwortet nicht sofort. Er schreibt in den Sand. Und dann diese überraschende Antwort, die seine Gegner beschämt: Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein.

Oder die Geschichte von Zachäus, dem sich Jesus so überraschend zuwendete. Und der deshalb sein Leben von Grund auf änderte.

Können wir das auch? Andere überraschen, anders handeln und leben, jenseits der Zwänge, die uns scheinbar fest im Griff haben?

Wahrscheinlich wird uns das nicht immer gelingen. Aber es wäre doch einen Versuch wert, finde ich. Andere positiv überrasche. Vielleicht ein bisschen wie das alte Motto der Pfadfinder: Jeden Tag eine – positiv – überraschende Tat.

Die größte Überraschung aber, die hat Gott für uns bereit. An Ostern werden wir wieder daran erinnert. Nämlich: Der Tod ist nicht das Ende! Dieser Jesus, der als Schwerverbrecher verurteilt grausam am Kreuz gestorben ist – er lebt. Und er will uns jeden Tag neu überraschen. Liebevoll.

Amen.