Friedens-Mahnwache: Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein
Friedens-Mahnwache 27.2.2022 Schweinfurt
Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, im Jahr 1948, trafen sich die Kirchen aus aller Welt und formulierten unter anderem einen sehr deutlichen Satz. Er lautet:
Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein.
Punkt. Kein Wenn und Aber. Krieg soll nicht sein.
Leider ist unsere Welt ja nicht so einfach gestrickt. Es wäre schön, wenn es so wäre. Putins Aggression in der Ukraine hat auch bei mir alte Überzeugungen ins Wanken gebracht.
Die Nichtchrist*innen hier mögen mir verzeihen, dass ich als Pfarrer da auf die Bibel zurückgreife. Es gibt eine Stelle, über die ich schon seit Jahrzehnten intensiv nachdenke.
Paulus schreibt im Römerbrief:
„Ist’s möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden.“ (Röm 12,18)
Ja, manchmal liegt es nicht an uns. Manchmal ist da jemand, ein Mensch oder eine ganze Nation, die wollen eben keinen Frieden und machen es uns unmöglich, diesen Frieden zu halten.
Für mich ist das hier sehr klar, sehr deutlich: Es ist nicht möglich, jetzt gerade mit Putin Frieden zu haben.
Heute geht es darum: Frieden halten geht nicht mehr, denn er wurde gebrochen. Frieden suchen, ja. Natürlich. Die ganze Zeit.
Aber ganz klar ist: Putin darf mit dieser Aggression nicht durchkommen. Ja, Jesus hat auch gesagt „Wenn dir einer auf die eine Wange schlägt, dann halte ihm auch die andere hin.“ Aber da würde es nur um mich und meinen Stolz gehen. Hier geht es um Menschenleben, um sehr viele. Und da können wir auch als Christ*innen nicht einfach sagen „wir tun nichts, außer dass wir für euch beten“. Ja, das tun wir auch, fast jeden Abend ist irgendwo im Dekanat derzeit mindestens ein Friedensgebet. Aber jetzt geht es darum, der Ukraine beizustehen, wo und wie auch immer wir können. Mit Gebeten, mit Worten und Taten.
Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein.
Darum müssen wir alles tun, was in unserer Macht steht, um diesen Krieg und die vielen anderen Kriege zu beenden.
Die Kirchen international sind da schon lange dran. Wir verbinden uns untereinander. Wir tauschen uns aus international. Unsere bayerische Landeskirche hat eine Partnerschaft ausgerechnet mit der deutschsprachigen evangelischen Kirche in der Ukraine. Ich selber kenne mich da nicht so aus, denn unser Dekanat hat eine Partnerschaft mit Rio de Janeiro und in meiner Heimatgemeinde hatten wir Verbindungen nach Papua Neuguinea.
Wir sind weltweit vernetzt. Wir treten ein für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung.
Ich glaube, genau das braucht es nicht nur jetzt akut, sondern langfristig. Partnerschaften. Verbindungen. Freundschaften. Wie wäre das, wenn wir jetzt Freunde in Russland hätten und in der Ukraine? Vielleicht haben manche von Ihnen das auch. Aktivieren Sie die Verbindungen. Vernetzen Sie sich. Das ist aktive Friedensarbeit!
Wichtig ist mir, noch eines zu betonen: Nicht die Menschen in Russland sind unsere Feinde. Unser Feind, das ist eine machtgierige Politik, die vor Unterdrückung, Gewalt und Krieg nicht zurückschreckt.
Mein großer Respekt gilt den Menschen in Russland, die für den Frieden demonstrieren – und sich dafür einsperren lassen. Wir hier können in Freiheit demonstrieren. In Russland wäre das, was wir hier tun, höchst gefährlich.
Was können wir jetzt tun? Vier Dinge möchte euch heute nennen.
- Wir können demonstrieren und damit allen, die für den Frieden eintreten, zeigen: Wir sind an eurer Seite. Wer auf sozialen Medien unterwegs ist, kann die entsprechenden Posts weiter verbreiten. Das ist nur ein kleiner Schritt, aber: Jede Öffentlichkeit hilft.
- Wir können spenden für die Menschen auf der Flucht. Die gibt es übrigens nicht nur in der Ukraine. Noch nie waren so viele Millionen auf der Flucht vor Kriegen wie in unserer Zeit. Das alles sind keine Feinde, sondern Menschen, die Sicherheit suchen, die Hilfe brauchen. Nur ein kleiner Teil davon kommt zu uns. Wir müssen für sie da sein.
- Wir können unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und damit von Russland reduzieren. Umsteigen auf Ökostrom, auf Photovoltaik, Wärmepumpen. Oder einfach weniger Auto fahren und mehr Öffentliche und Fahrrad. Oder die Heizung ein bisschen runter drehen. Jetzt sind das alles auf einmal nicht nur Dinge, die dem Klima nutzen – sondern gleichzeitig auch noch Dinge, die Russland weniger Geld für seinen Krieg zur Verfügung stellen. Denken Sie dran: Die Waffen Russlands sind zum Teil von Ihrem Geld bezahlt, das Sie für Benzin, Gas und Strom bezahlen.
- Wladimir Putin scheint überzeugter Christ zu sein, auch wenn man das kaum glauben mag angesichts seiner Handlungen. Rufen wir ihm zu, wo immer wir können, was auch seine orthodoxe Kirche 1948 mit formuliert hat:
Herr Putin, Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein!
Wolodymyr Selenskyj, der Präsident der Ukraine, ist Jude. Darum schließe ich heute mit einem hebräischen Friedenswunsch. Mit einem Wort, das mehr bedeutet als nur „Schweigen der Waffen“. Es bedeutet die umfassende Versöhnung aller Menschen, der Natur und Gottes. Sie haben es bestimmt schon oft gehört.
Ich wünsche Ihnen und uns allen
Schalom.