Freiheit!

Andacht beim Dekanatsausschuss am 15.3.2012

Am Sonntag ist für mich sozusagen der Tag der Freiheit. Vielleicht haben Sie's nicht so genau im Kopf, denn diesmal ist das Ergebnis der Wahl ja schon ziemlich klar: Am Sonntag ist die Wahl des elften Bundespräsidenten. Wenn nicht alles völlig schiefgeht, dürfte das Joachim Gauck werden. Und der hat ja vor allem ein Thema, das ihn beschäftigt. Auch sein letztes Buch heißt so: Freiheit.

Am Sonntag ist außerdem auch MehrWegGottesdienst, und da geht es genauso um die Freiheit. Der Titel lautet „Danke! Ich darf.“ Wir werden uns mit der Freiheit eines Christenmenschen beschäftigen. Und mit der Frage: Was fange ich eigentlich damit an, mit meiner Freiheit?

Für uns Protestanten ist Freiheit natürlich sowieso eines unserer „Ur-Themen.“ Hier im Dekanatsausschuss merken wir manchmal die Kehrseite des Ganzen. Da machen wir uns viele Gedanken zu einem Thema, und dann wollen die Gemeinden nicht so wie wir es uns vorgestellt haben. Da gibt es Einsprüche, Widersprüche, ganz andere Ideen.

Neulich habe ich mich mit einer katholischen Webdesignerin unterhalten. Da wurde es mir wieder besonders klar. Sie meinte: „Habt ihr da nicht irgendwelche Vorgaben von einer zentralen Stelle?“ Und meine Antwort: „Klar gibt's die, aber wir wollen dann doch das und das und das anders haben.“

Ja, die eigene Freiheit ist etwas sehr Schönes. Die Freiheit des anderen kann anstrengend und nervig sein. Wenn sie den eigenen Vorstellungen nicht entspricht. Wenn Gemeinden etwas völlig anders machen. Ob es Gott mit uns wohl auch so geht wie uns als Dekanatsausschuss manchmal mit Gemeinden, Einrichtungen, Einzelpersonen?

Manchmal gelingt es auch, alles irgendwie unter einen Hut zu bringen. Das sind für mich die schönsten Ergebnisse. Im MehrWegGottesdienst-Team versuche ich es zumindest: Die größtmögliche Freiheit der einzelnen Teammitglieder und trotzdem noch ein roter Faden, etwas Verbindendes, das uns zusammenhält. Oft weiß ich gar nicht so genau, was im MehrWegGottesdienst auf uns zukommt. Das macht ihn auch für mich spannend und aufregend und oft ganz anders, als ich mir einzelne Elemente vorgestellt habe. Aber ich stelle fest: Das bereichert im wahrsten Sinn des Wortes des Gottesdienst. Auf manches, was für ein anderes Teammitglied selbstverständlich ist, wäre ich nie gekommen. Ich möchte jetzt nicht das MehrWegGottesdienst-Team als die Insel der Seligen verkaufen und als die beste aller Lösungen. Davon sind wir auch noch weit entfernt. Aber ich denke, wir haben in diesem Team einiges an Freiheit des Einzelnen erreicht.

Im Galaterbrief heißt es über die Freiheit: (Gal 5,1): Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und lasst euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen!

Da geht's zwar eigentlich um die Frage, ob Christen sich beschneiden lassen müssen. Heute sind die Fragestellungen andere. Bei uns geht es eher im Reduzierung von Pfarrstellen, um den Druck der Perspektiven, um Stellenbesetzungen und Finanzen. Die Fragestellungen haben sich geändert. Aber der Schluss, den Paulus einige Verse später zieht, gilt weiter: in Christus Jesus gilt weder Beschneidung noch Unbeschnittensein etwas, sondern der Glaube, der durch die Liebe tätig ist.

Der Glaube, der durch die Liebe tätig ist. Das finde ich ein sehr schönes Motto für unsere Arbeit im Dekanatsausschuss. Wenn wir es schaffen, denen, für die wir verantwortlich sind, Strukturen zu geben, die ihnen viel Freiheit lassen. Und wenn wir es schaffen, es in Liebe auszuhalten, wenn diese ihre Freiheit anders nutzen, als wir uns das so gedacht haben: Dann haben wir, glaube ich, eine Menge erreicht in diesem Gremium.

Dazu gebe uns Gott seinen Segen und seinen Heiligen Geist.

Amen.