Berührungen! - Predigt beim MehrWegGottesdienst 12.5.2013
Heute morgen gab es bestimmt schon so einige zusätzliche Berührungen. Umarmungen, Küsse, „danke Mama“ zum Muttertag. Auch, wenn es in der Familie zwischendurch mal knallt und die Fetzen fliegen, was ja auch ganz normal ist: Am Muttertag, wenigstens frühmorgens, sieht die Welt meistens doch anders aus.
Und es tut ja auch gut. Sich umarmen. Sich vergewissern: Wir haben uns gern. Sollten wir vielleicht wirklich wieder öfter machen.
Berührungen können sehr, sehr gut tun. Dann, wenn sie ehrlich gemeint sind. Wenn sie die Gemeinschaft zwischen zwei Menschen betonen und verstärken. Berührungen können aber auch unangenehm sein. Erinnern Sie sich an die Hand, die etwas länger in dem Film am Anfang zu sehen war, die auch ein bisschen auf uns zuzukommen schien? Die hätte es beinahe auf unser Plakat geschafft. Aber manchen war sie zu abstoßend, zu ungepflegt. Will ich so eine Hand berühren?
Und dann natürlich Berührungen, die wir wirklich nicht wollen. Irgendwo im Gedränge. Übergriffige Berührungen, die Grenzen überschreiten. Manche sind nur unangenehm, manche Berührungs-Erlebnisse können einen Menschen ein Leben lang belasten.
Ich möchte aber heute wegkommen von dieser rein körperlichen Vorstellung von Berührung. Viel wichtiger ist mir: Was berührt micht sozusagen in der Seele? Auch da: Positiv und negativ. Wo geht mir das Herz auf, wo verschließe ich mich? Bei welchem Film fließen die Tränen, welcher lässt mich verstört zurück, raubt mir den Schlaf? Welche Nachricht lässt mich wochenlang fröhlich sein, welche möchte ich am liebsten verdrängen? Das ist so verschieden, wie wir Menschen verschieden sind.
Für mich gehört zu den Botschaften, die mich nach wie vor – manchmal – berühren, auch die dazu: Gott liebt mich. Er will mir nahe sein. Auch diese Botschaft kommt nicht immer bei mir an. Manchmal erscheint sie mir wie eine Floskel, die halt so dahingesagt ist. Doch manchmal, da trifft sie direkt ins Herz, berührt mich, vielleicht sogar unangenehm, weil ich dabei feststelle, was in meinem Leben alles falsch läuft.
Lassen Sie sich noch von Gott berühren? Sind Sie offen dafür? In unserem Team haben wir auch manche Erfahrungen mit Religionsunterricht. Wie schwer ist es manchmal, die Kinder zumindest zu einer Offenheit gegenüber religiösen Erfahrungen zu bringen. Wie ungern lassen die ihre vorgefassten Meinungen beiseite, von wegen, Kirche ist doch sowieso alles Mist. Es kostet viel Kraft, Schüler im Religionsunterricht mit Glauben in Berührung zu bringen. Manche weigern sich regelrecht mit Händen und Füßen gegen alles, was mit Religion zu tun hat.
Eine Berührung – körperlich oder im Glauben – ist unter Umständen erst mal eine Zumutung.
Vielleicht hilft es, sich berühren zu lassen. Ganz körperlich. Zum Beispiel beim Friedensgruß vor dem Abendmahl, wo sich in vielen Gemeinden die Menschen die Hand reichen und sich gegenseitig wünschen: „Friede sei mit dir!“.
Auch die Blinden aus unserer Geschichte vorhin wurden von Jesus berührt. Und dadurch wurden ihnen die Augen geöffnet. Sind wir bereit, uns von Jesus berühren zu lassen, wenn auch im übertragenen Sinn? In der Seele? Vielleicht werden dann auch unsere Augen geöffnet für manches – ich nenne es jetzt mal ganz mystisch - „Glaubensgeheimnis“, das uns sonst verschlossen bleibt.
Gott jedenfalls ist bereit dazu. Durch den Propheten Jeremia hat er uns einmal ausrichten lassen: „Wenn ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet, so will ich mich von euch finden lassen“. (Jeremia 29, 13f)
Ich wünsche Ihnen und euch viele spannende, berührende Begegnungen. Mit anderen Menschen. Mit euch selbst. Und mit Gott. Amen.