Die Gelassenheit des Esels

DIALOG beim WEIHNACHTSLIEDERSINGEN IM STADION am 18.12.2016 

Die Gelassenheit des Esels 

→ Eselfigur aus d. Krippe 

Na Heiko, hast du schon deine Krippe aufgestellt?

Ehrlich gesagt, wir haben gar keine richtige Krippe. Unsere Jüngste hat eine von Playmobil, mit der spielt sie sehr gerne, das ist aber wirklich die einzige.

Ach so, ich hätte da nämlich noch eine Figur übrig. 

Haste dich vertan beim Aufstellen und was vergessen? Oder was hast du denn jetzt übrig?

Na, einen Esel. Siehst du? Schau, ich halte ihn mal hoch … 
Seht ihr DEN alle?  (warten!!!)

Wie soll denn diese Figur jemand von da drüben sehen? 

Stimmt, ziemlich klein, dieser Esel. Aber vom Wildpark wollte ich jetzt auch keinen herholen. Das hätte den armen ESEL bestimmt überfordert: bei all den Leuten hier und dann noch so laute Lieder. Dem wären bestimmt die Ohren abgefallen! Und dann hätten wir die Bescherung gehabt. 

Ja, so ist es besser. Aber damit alle Besucher des Weihnachtsliedersingens auch mal einen Esel zum Angucken vor sich haben (ich meine jetzt nicht euren Nachbarn, also bitte!), schaut doch mal nach vorne auf die Bühne!

→ Eselbild wird groß eingeblendet (Matthias Ebert)

Das ist übrigens ein Esel aus dem Heiligen Land. Die Aufnahme habe ich einmal am See Genesareth gemacht. 

Toll. Wir sind aber doch nicht hier, um deine Urlaubsfotos anzuschauen. Also warum zeigst du uns das jetzt? 

Na, du weißt doch: Josef und Maria sind einst mit einem Esel nach Betlehem gezogen – und später noch nach Ägypten. 

Der arme Esel! Da waren sie ja Wochen unterwegs. 

Stimmt. Mit einem Pferd wären sie schneller gewesen. Doch kannst du dir die Heilige Familie auf einem schnittigen Pferd vorstellen, als „eilige Familie“ sozusagen? 

Nee, wirklich nicht. Pferdestärken passen überhaupt nicht zur einfachen Zimmermannsfamilie aus Nazareth. Aber der gemächliche Schritt eines Esels. Schließlich ist später Jesus auch auf einem solchen Tier nach Jerusalem geritten.

Ja, Esel sind schon wirklich ganz besondere Tiere, aber auch ganz eigenwillige. Wenn sie nicht wollen, bleiben sie einfach stehen – die können ganz schön störrisch sein. 

Eben wie manche Menschen auch. Und dann beschimpfen wir auch noch andere als „Esel“, weil wir meinen, die seien dumm und blöd. 

Stimmt, das trifft ja vielleicht sogar manchmal zu. Aber wenn ich so darüber nachdenke, dann finde ich: Einen Menschen einen Esel zu nennen ist doch eigentlich eine Beleidigung für das Tier. 

Eine Beleidigung für das Tier? Wie kommst du denn darauf? 

Na ja, ich finde, der Esel macht doch nicht mehr und nicht weniger Dummheiten als andere Tiere auch – und schon gar nicht mehr als der Mensch! Basilius Doppelfeld, ein Benediktinerpater, hat den Esel sogar als ein „viel geschmähtes und weit unterschätztes Tier“ bezeichnet. Und dann fügt er noch hinzu: „Das haben manche Menschen mit ihm gemeinsam.“

Ja, da hast du recht. Wir beurteilen andere oft viel zu schnell – ohne groß nachzudenken. Wir ärgern uns über andere, weil sie uns störrisch wie ein Esel erscheinen. Aber vielleicht haben sie manchmal auch wirklich gute Gründe für das, was sie tun. Und wir unterschätzen unsere Mitmenschen, sehen oft nicht das Gute, das im anderen steckt. 

Aber zurück zum Esel. Der Kirchenvater Ambrosius hat den Esel damals sogar als „Haustier Gottes“ bezeichnet. 

(laut)  Habt ihr das gehört, ihr Esel da draußen?

Was soll denn das nun wieder? Willst du jetzt doch noch alle Leute hier beleidigen?

Nein, ich habe doch die Esel oben im Wildpark gemeint.  … 

Ach so! Na dann. Aber dass der Esel ein Haustier Gottes ist, darauf könnte man tatsächlich kommen, wenn man die Krippe aufbaut und Ochs und Esel hineinstellt – direkt neben Maria und Josef und dem Jesuskind. Er gehört ja fast zur Familie dazu – so wie bei vielen anderen Hund, Katze oder Meerschweinchen. 

Esel haben jedenfalls noch ein paar wunderbare Eigenschaften. Eine davon ist, dass sie als Meister der Gelassenheit gelten. Nichts bringt sie so schnell aus der Ruhe.  

Na, hoffentlich hat das meine Frau nicht gehört, sonst nennt sie mich in Zukunft immer „Du Esel.“ Die findet nämlich, dass ich immer so gelassen rüberkomme wie ein Esel. Und ich finde, ruhig und gelassen kann ich auch sein. Denn der Esel in der Krippe zeigt mir: Gott ist mitten drin in unserer Welt. Auch, wenn es oft überhaupt nicht danach aussieht. Ich kann nicht tiefer fallen als in Gottes Hand.

So wünschen wir Ihnen allen für die restlichen Zeit bis hin zum Weihnachtsfest, aber auch darüber hinaus die Gelassenheit, die wir von einem der wunderbarsten Tiere abschauen können, dem Esel.