Freiheit! - Ansprache beim Motorradgottesdienst Schweinfurt 2017

Text: Galater 5, 1-15 in Auszügen (Gute Nachricht)

Christus hat uns befreit; er will, dass wir jetzt auch frei bleiben. Steht also fest und lasst euch nicht wieder ins Sklavenjoch einspannen!

Wir leben aus der Kraft des Heiligen Geistes und setzen alles auf Glauben und Vertrauen, und so erwarten wir das Ziel, auf das wir hoffen dürfen: dass wir vor Gott als gerecht bestehen und das Heil erlangen werden.

Wo Menschen mit Jesus Christus verbunden sind, zählt nur der vertrauende Glaube, der sich in tätiger Liebe auswirkt.

Gott hat euch zur Freiheit berufen, meine Brüder und Schwestern! Aber missbraucht eure Freiheit nicht als Freibrief zur Befriedigung eurer selbstsüchtigen Wünsche, sondern dient einander in Liebe.

Das ganze Gesetz ist erfüllt, wenn dieses eine Gebot befolgt wird: »Liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst.«

Ich will damit sagen: Lebt aus der Kraft, die der Geist Gottes gibt; dann müsst ihr nicht euren selbstsüchtigen Wünschen folgen.

Freiheit! Was für ein Wort, Ulli. Da könnten wir doch stundenlang drüber predigen, oder?

Nee, da hört unsere Freiheit glaub ich auf. Irgendwann laufen uns die Leute davon.

Na ja, da hast du natürlich recht. Aber es ist so eine schöne Vorstellung. Einfach nur frei sein, auf niemanden Rücksicht nehmen müssen. Gas geben auf dem Motorrad, auf der Autobahn oder vielleicht noch besser auf einer schönen Landstraße ohne Verkehr, irgendwo durch die Berge und den Wald. Der Fahrtwind haut dich fast weg. Und du fährst einfach los, der Sonne entgegen, wie auf unserem Plakat.

Blöderweise gibt‘s da ja auch noch die anderen Verkehrsteilnehmer. Auf die musst du dann vielleicht doch mal Rücksicht nehmen.

Ach, alter Spielverderber. Ich träume mir hier gerade so eine richtig schöne Motorradfahrt zusammen und du fängst mit anderen Verkehrsteilnehmern an.

Aber ist doch so. Ganz hundertprozentig frei sein – das gibt‘s halt leider nicht.

Ja, du hast ja recht. Wenn man nicht auf den Verkehr achtet, ist man ziemlich schnell weg vom Fenster. Gerade als Motorradfahrer. Oder aber die Freiheit, die ich mir nehme, bringt jemand anderen ins Krankenhaus oder noch schlimmer. Da muss meine Freiheit dann enden. Da, wo sie andere schädigt.

Also doch nichts mit Freiheit, oder? Hätten wir uns besser ein anderes Thema ausgesucht.

Nein, ich denke, das passt schon richtig gut. Aber es ist halt wie immer etwas komplizierter. Nur zu sagen: „Boah, Gott hat uns frei gemacht, Halleluja!“ - das wäre mir zu wenig. Obwohl das ja in unserer Lesung von vorhin drin steht. „Gott hat euch zur Freiheit berufen, meine Brüder und Schwestern!“ So steht‘s da.

Mich erinnert das an einen Satz von Martin Luther.

Wie? Du weißt schon, dass DU hier der Katholik bist, oder? (Jetzt fängt der schon mit Martin Luther an. Da hat sich in den letzten 500 Jahren doch einiges getan.)

Ja, natürlich, ist ja auch ein toller Satz! Du kennst ihn bestimmt. „Ein Christenmensch ist ein freier Herr aller Dinge und niemandem untertan.“

Ja, natürlich kenne ich den Satz. Das ist ja sozusagen unser Markenzeichen. Das hat Luther erkannt: Gott macht uns frei von all den Vorschriften, Regeln und kleinlichen Dingen, die wir Menschen uns so aufgebaut haben. Es gibt nur eine einzige Vorschrift, und die heißt: Liebe! Und genau da, bei der Liebe zu anderen, hört halt unsere Freiheit auf.

Wie meinst du das?

Luther hat ja gleich nach dem Satz, den du gerade zitiert hast, noch einen zweiten geschrieben, und der scheint auf den ersten Blick das völlige Gegenteil zu sagen. Nicht: Ein Christenmensch ist ein freier Herr aller Dinge, sondern: Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.

Ich glaube, das darfst dann doch mal du als Lutheraner erklären.

Ja, es ist eigentlich ganz einfach. Es heißt: Meine Freiheit endet da, wo die Freiheit des anderen beginnt. Ich bin wirklich erlöst und frei. Und weil ich das bin, nutze ich meine Freiheit, um für andere da zu sein.

Hm, hört sich ganz nett an, aber so richtig verstehe ich das nicht.

Stell dir vor, alle Verkehrsteilnehmer würden immer aufeinander acht geben. Jeder würde den anderen vorlassen. Jeder würde darauf achten, dass der andere Vorfahrt bekommt und auch keiner ewig warten muss. Eine Straßenverkehrsordnung wäre dann wahrscheinlich völlig überflüssig – jeder Verkehrsteilnehmer wäre ein freier Herr seiner eigenen Fahrt. Und trotzdem funktioniert das nur, wenn wir aufeinander achtgeben.

Und du meinst, das würde funktionieren?

Wenn wir nicht immer nur auf unsere eigene Vorfahrt schauen würden, sondern erst einmal auf die anderen achten – ich glaub schon. Im Kleinen geht das doch auch, wenn‘s langsamer ist. Wenn viele Leute auf dem Marktplatz rumlaufen oder heute hier in der Kirche, stoßen die doch auch nicht zusammen sondern achten aufeinander. Und ich hoffe, auch draußen auf der Straße beim Parkplatzsuchen hat das so funktioniert.

Das wäre ja auch ein wunderbares Rezept fürs Zusammenleben überhaupt, nicht nur im Straßenverkehr.

Ja. Aufeinander achtgeben. Mich selbst zurücknehmen. Aber auch wissen: Ich bin wirklich frei! Es gibt keine Regeln außer der einen: Liebt einander. Seid füreinander da. Oder wie Paulus es in unserem Text geschrieben hat: Das ganze Gesetz ist erfüllt, wenn dieses eine Gebot befolgt wird: »Liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst.«

Schade, dass immer noch so viele Menschen denken: Gott und Kirche, das sind Regeln, Verbote und schlechte Laune. Dabei ist doch genau das Gegenteil der Fall! Gott macht uns frei von all dem!

Darf ich jetzt zur Abwechslung mal einen Katholiken zitieren?

Klar, da hast du doch alle Freiheit dazu. Wen denn?

Den Kabarettisten Hanns-Dieter Hüsch. Der hat ein Gedicht geschrieben, einen Psalm, der so was wie mein Lebensmotto geworden ist. Und das beginnt so:
Ich bin vergnügt, erlöst, befreit.
Gott nahm in seine Hände meine Zeit.
Mein Denken, Fühlen, Hören, Sagen,
mein Triumphieren und Verzagen,
das Elend und die Zärtlichkeit.

Ich bin vergnügt, erlöst, befreit. Das fasst schön zusammen, wie Gott sich uns Menschen wünscht. Lasst euch das gesagt sein: Ihr seid frei!

Amen.

www.motorradgottesdienst-schweinfurt.de