Gott hat Gedanken des Friedens

Ansprache beim Friedensgebet in St. Johannis Schweinfurt am 30.1.2022

Kyrie eleison! Herr erbarme dich! Voller Sorgen sind wir in diesen Tagen. Voller Trauer auch manche, die einen lieben Menschen verloren haben. Oder bei denen auch „nur“ eine Freundschaft entzweigegangen ist über den Diskussionen.
Uns quälen die Sorgen um unsere Gesundheit, aber noch mehr um die Gesundheit der Menschen um uns herum. Uns quälen die Sorgen um Künstler*innen und Kultureinrichtungen, um Cafés und Restaurants, um Geschäfte, um Schaustellerinnen und Schausteller und vieles mehr, die seit zwei Jahren zum Teil keine Einnahmen und keine Zukunftsperspektive haben.

Uns erschrecken die vielen, die fern von allen Fakten immer noch die Existenz von Corona leugnen. Die vielen, die Unwahrheiten und glatte Lügen verbreiten. Die vielen, die sich in diesem Dickicht aus widerstreitenden Meldungen verirren.

Natürlich können und müssen wir darüber diskutieren und auch streiten, welche Maßnahmen uns helfen, aus der Pandemie herauszukommen. Natürlich waren und sind nicht alle staatlichen Regelungen in gleichem Maße sinnvoll. Manches lässt sich auch erst im Rückblick erkennen, denn niemand von uns hat so eine Pandemie schon mal erlebt.

Aber wenn bei dieser Diskussion einige den Grundkonsens der medizinischen Wissenschaft verlassen, ist eben keine Diskussion mehr möglich. Und auch, wenn sie den demokratischen Grundkonsens verlassen, indem sie sich nicht an die Spielregeln für Demonstrationen halten, so wie in Schweinfurt bis vor wenigen Wochen.

Dass Corona existiert – darüber kann und will ich nicht mehr diskutieren.

Dass Impfen nicht nur mich schützt, sondern auch die Menschen um mich herum – darüber kann und will ich nicht mehr diskutieren.

Dass eine Gesellschaft die Schwächeren schützen muss – darüber kann und will ich nicht mehr diskutieren.

Das man nicht mit Rechtsextremen demonstriert – darüber kann und will ich nicht mehr diskutieren.

Dass Gewalt gegen Menschen und Dinge keine Option ist – darüber kann und will ich nicht mehr diskutieren. Und doch ist in Berlin die Paul-Gerhardt-Kirche ausgebrannt, die Ermittlungen gehen in Richtung Brandstiftung durch Corona-Leugner. Und auch hier in Schweinfurt wurde versucht, ein Auto der Polizei anzuzünden.

Irgendwann wird diese Pandemie vorüber sein. Aber was dann? Wie kommen wir wieder zusammen? Wie finden wir zurück zu gesellschaftlichem Frieden? Wie heilen wir zerbrochene Freundschaften, ja zerbrochene Familien? Wie heilen wir die Trauer um die Verstorbenen und die Wut auf die, die durch ihr unvorsichtiges Verhalten zur Verbreitung des Virus beigetragen haben?

Wie heilen wir auf der anderen Seite die Verletzungen derer, die sich heute in die Ecke gedrängt fühlen? Wie heilen wir den verletzten Stolz derer, die irgendwann erkennen, dass sie falschen Informationen aufgesessen waren?

Wie kommen wir zu Frieden in unserer Gesellschaft?

Vor etwa 2500 Jahren, in einer Zeit, in der alle alten Gewissheiten auf dem Spiel standen, mitten im babylonischen Exil, ließ Gott seinen Propheten Jeremia einen ganz wunderbaren Satz sagen:

Denn ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe, spricht der HERR: Gedanken des Friedens und nicht des Leides, dass ich euch gebe Zukunft und Hoffnung.

Gott will nicht unser Leid. Gott will nicht unseren Streit, unsere Zerrissenheit. Gott – er hat Gedanken des Friedens.
Hebräisch: Schalom. Ein ganz wunderbares Wort, das so viel mehr bedeutet als nur das Schweigen der Waffen. Schalom – das heißt: Versöhnung. Allumfassende Versöhnung zwischen den Menschen, der Natur und Gott. Schalom – das ist Zukunft und Hoffnung.

Wir erleben immer wieder, dass wir diesen Frieden nicht allein bewirken können. Den gesellschaftlichen Frieden nicht, aber auch nicht den in der Familie, im Freundeskreis.

Denn ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe, spricht der HERR: Gedanken des Friedens und nicht des Leides, dass ich euch gebe Zukunft und Hoffnung.

Wir können es nicht allein. Aber wir können darauf hoffen, dass Gott uns heilt. Unsere Zerrissenheit. Unseren Unfrieden. Gott möchte Versöhnung. Gott möchte Schalom. Gott schenkt uns Hoffnung.

Amen.