Hello God: Eine neue Stadt

Hello God!

Hallo Gott. Guten Morgen, wie geht‘s dir?

Wir haben uns hier ja jetzt schon zwei Tage lang mit Citykirchenarbeit beschäftigt, Gott. Mit Gestaltung von Schaufenstern, mit Planung von Projekten und wasweißichnochalles. Aber, ach was erzähl ich dir. Du weißt das doch sowieso schon alles.

Wie wär‘s mal mit ner ganz neuen Stadt, Gott? Eine, in der wir so richtig von vorne anfangen können. Tabula rasa. Und dann ohne irgendwelche Bedenkenträger einfach loslegen. Kirche völlig neu aufbauen.

Du weißt ja, ich hatte das neulich bei dieser anderen Konferenz in dieser Kleingruppe. Da bekamen wir diese Aufgabe gestellt. Du kennst sie, aber ich erzähl‘s mal eben den Leuten hier:

Stellt euch vor, Geld spielt überhaupt keine Rolle. Ihr könnt machen, was auch immer ihr wollt. Ihr habt alle Ressourcen, die ihr euch denken könnt. Hier habt ihr einen Stadtplan von Berlin. Wie würdet ihr Kirche dort ganz neu aufbauen?

Ich war erst mal richtig skeptisch, Gott. Wie soll das funktionieren? Wir haben doch bei uns in Bayern nicht so richtig viel Ahnung von Berlin. Und geht es nicht erst mal drum, den Ort kennenzulernen?

Aber dieses Experiment setzte eine große Kreativität frei. Es erlaubte zu träumen. Von McMentals á la Sellmann. Von großen Zentren und ganz kleinen Kiez-Stützpunkten. Von einer Kirchen-S-Bahn, die auf dem Ring verkehrt. Und und und. Das hat Spaß gemacht und mehr Energien freigesetzt, als ich mir das vorstellen konnte.

Hallo Gott. Hast du mal ne Stadt für mich? Dann singe ich ein Lied für dich. Ach nein, falscher Song.

Johannes hat in seiner Apokalypse beschrieben, wie er sich das vorstellt, die neue Stadt, das neue Jerusalem. Was lese ich da:

Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, und das Meer ist nicht mehr. 2 Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabkommen, bereitet wie eine geschmückte Braut für ihren Mann. 3 Und ich hörte eine große Stimme von dem Thron her, die sprach: Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden seine Völker sein, und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein; 4 und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen.

Oh, bis dahin gefällt mir das noch richtig, richtig gut. Du, Gott, du wirst alle Tränen abwischen. All die Tränen, die ich immer wieder erlebe bei den Menschen, die zu mir kommen. All die gebrochenen Lebensläufe. All die Enttäuschungen. All das Leid, das mich manchmal fast zu überfluten droht, mich als Pfarrer. All das Leid:

Es

hört

einfach

auf.

Du wirst abwischen alle Tränen von unseren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein, denn das Erste ist vergangen.

Tja, Gott, noch ist das Erste nicht vergangen.

Noch wurschteln wir uns irgendwie durch.

Noch sind wir es, die Tränen abwischen.

Und selber manchmal Tränen vergießen.

Noch sind wir es, die an der Stadt bauen.

Manchmal sind wir voller Energie und Tatendrang, voller neuer Ideen und Innovationen.

Manchmal sind wir selber down, den Tränen nahe.

Manchmal machen wir einfach weiter wie immer und hoffen, dass es irgendwie hilft.

Gott, weißt du, ganz egal, wie wir daran arbeiten:

Wir suchen sie.

Deine Stadt.

Die Hütte Gottes bei den Menschen.

Die Stadt, die Platz hat

für alle Menschen.

Für die Performer, die Expeditiven, die Hedonisten, die Traditionellen, die Konservativ-Etablierten und all die anderen.

Und: Für dich.

Du machst übrigens alles falsch, Gott.

Deine Zielgruppe sind: Alle.

Ehrlich, Gott, so geht das nicht.

Haben wir gelernt.

Und mit Gold und Edelsteinen, so wie Johannes deine Stadt beschreibt, holst du sie auch nicht alle. Also, mich nicht. Aber es ist ja auch nur ein Bild. Ein Bild dafür, wie kostbar dir die Stadt ist.

Kostbar, dir, Gott, mit allen ihren Facetten. Mit den Adaptiv-Pragmatischen, den Sozialökologischen, den Liberal-Intellektuellen, den Prekären und der Bürgerlichen Mitte.

Du kennst sie alle. Wir nur einen Teil.

Aber wir suchen sie.

Die Menschen

in deiner Stadt.

Solange wir noch hier leben

im Ersten, das irgendwann vergeht,

werden wir nicht aufhören.

Werden in deinem Namen

Tränen trocknen.

Schmerzen lindern.

Den Tod beklagen.

Die Liebe und das Leben feiern.

Hallo Gott.

Bist du dabei?