Das Streben nach Glück

Predigt zum Motorradgottesdienst
Gochsheim, 25.4.2010
 

Das Streben nach Glück, so haben wir diesen Gottesdienst genannt. Toll, dachte ich mir, da steht bestimmt viel drin in der Bibel zu diesem Thema. Tja, denkste: Im Neuen Testament kommt das Wort Glück gar nicht vor. Und im Alten Testament eigentlich höchstens im Sinn von „Schwein gehabt“. Eine Definition oder gar eine Anleitung zum Glücklichsein, das gibt es in der Bibel so nicht. 

Aber es gibt etwas anderes: Aussagen, die eher noch darüber hinausgehen. Wie finde ich zu einem erfüllten Leben? Da sagt Jesus nicht einfach nur „glücklich sind die,...“, sondern: „Selig sind...“.
Aber es hört sich so ganz anders an als alles, was wir unter Glück so verstehen. Ich lese es mal vor.

Matthäus 5, 3-12
Er sagte: Selig, die arm sind vor Gott; /
denn ihnen gehört das Himmelreich.
4 Selig die Trauernden; /
denn sie werden getröstet werden.
5 Selig, die keine Gewalt anwenden; /
denn sie werden das Land erben.
6 Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; /
denn sie werden satt werden.
7 Selig die Barmherzigen; /
denn sie werden Erbarmen finden.
8 Selig, die ein reines Herz haben; /
denn sie werden Gott schauen.
9 Selig, die Frieden stiften; /
denn sie werden Söhne Gottes genannt werden.
10 Selig, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; /
denn ihnen gehört das Himmelreich.
11 Selig seid ihr, wenn ihr um meinetwillen beschimpft und verfolgt und auf alle mögliche Weise verleumdet werdet.
12 Freut euch und jubelt: Euer Lohn im Himmel wird groß sein. Denn so wurden schon vor euch die Propheten verfolgt.

Eigentlich hört sich das erst einmal gar nicht nach Glücklichsein an, finde ich. Eher nach dem genauen Gegenteil. Glücklich – oder selig – sind die Trauernden? Ziemlich widersprüchlich. Aber trotzdem klingt es faszinierend. Das Glück ist nicht bei den Starken und Mächtigen, sondern bei den Kleinen, den Schwachen. „Gottes Kraft ist in den Schwachen mächtig“, sagt Paulus einmal. Das ist etwas ganz anderes als das, was sonst so damals übers Glück gedacht wurde. Die Römer hatten eine eigene Glücksgöttin mit Namen Fortuna. In diesem Namen steckt das Wort fors, das heißt Kraft, Stärke. Nein, so soll es bei euch nicht sein: Gottes Kraft ist in den Schwachen mächtig. Gott ist euch nahe, wenn ihr euch für andere einsetzt, wenn ihr selber schwach seid, wenn ihr trauert. Natürlich auch, wenns euch gut geht.

Eigentlich gar nicht viel anders als beim Motorradfahren. Die Motorradfahrer sind auch oft die schwächeren Verkehrsteilnehmer, schwächer als die gut geschützten Autofahrer. Und trotzdem ist es für viele von euch ein großes Glück, auf dieser Maschine fahren zu können. Trotz aller Gefahren, die damit verbunden sind, es ist ein Gefühl des Glücks, mit so einer Maschine durch die Gegend zu fahren.

Was ist eigentlich Glück? Ist Glück dann wirklich, schwach zu sein?

Vielleicht ein bisschen anders: Glück ist, wenn ich es mir leisten kann, meine Schwäche zuzugeben und anzunehmen. Weil ich weiß: Da ist einer, der mich annimmt, mit meinen Schwächen, aber auch mit meinen Stärken. Da ist einer, der mich versteht und annimmt. Und der mich begleitet. Manchmal mag es nicht danach aussehen, als würde Gott uns begleiten. Die meisten von euch kennen solche schweren Situationen. Unfälle, manchmal tödliche. Krankheiten. Jobverlust. Angst vor der Zukunft. Wo ist da Gott? 

Er ist da, das glaube ich. Aber eben anders, als wir das erwarten würden. Er wischt diese ganzen Dinge nicht einfach weg. Wäre ja auch langweilig, wenn das Leben immer nur geradeaus ginge. 1000 Kilometer schnurgerade Straße, das mag mal ganz nett sein, um Gas zu geben und sich so richtig den Fahrtwind um die Nase wehen zu lassen. Aber irgendwann fehlen die Kurven, die gefährlicheren Situationen, die Berge und Täler, die Baustellen, sogar die Umwege, weil wir irgendeinen Wegweiser übersehen haben. 1000 Kilometer schnurgerade Straße: Das ist keine große Herausforderung, da sammelt man auch nicht allzu viel Erfahrungen. 

Gott jedenfalls verspricht: Ich bin dabei. Auf den geraden Strecken deines Lebens und in den Kurven und Umwegen. Ich habe diese Umwege und Kurven selber erlebt, in Jesus. Ich weiß ganz genau wie das ist.

Das ist das, was die Bibel unter Glück versteht: Zu wissen: Ich bin nicht allein. Und am Ziel meines Lebens, da wartet der auf mich, der schon die ganze Zeit dabei war. Dafür muss ich nicht groß, stark, reich und erfolgreich sein. Dieses Glück, das kann ich in meinem ganz normalen Leben finden. Ich muss nur offen dafür sein. Und wie dieses Glück aussehen kann, das beschreibt unser nächstes Lied.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere menschliche Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.