Jahreslosung 2011: Lass dich nicht vom Bösen überwinden!
Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.
Römer 12,21
Ein Hund streunt über das Volksfest. Er schnüffelt an den Würstchenbuden,
hebt sein Bein hier und da, folgt den interessanten Düften und Klängen.
Schließlich kommt er an ein Spiegelkabinett. Sie wissen schon: So ein Labyrinth aus Spiegeln, durch die man sich seinen Weg suchen muss. Die Dame an der Kasse ist gerade beschäftigt und bemerkt den Hund nicht. So schlüpft er unbemerkt hinein.
Was für ein Bild! Plötzlich sieht er sich einer ganzen Meute anderer Hunde gegenüber. Gefahr! So denkt er. Er knurrt ganz leise, und siehe da: Alle Hunden knurren mit. Er fängt an zu bellen: alle machen es ihm nach. Er fletscht die Zähne, und alle seine Spiegelbilder tun das gleiche. Klein beigeben? Das kommt für einen Hund überhaupt nicht in Frage. Er geht auf sie los, auf diese wilde Meute von Hunden. Er stellt sich zum Kampf, tapfer, wie er ist. Schließlich bricht er vor Erschöpfung zusammen.
Was, so frage ich Sie, was wäre wohl geschehen, wenn er am Anfang nur ein ganz kleines bisschen mit dem Schwanz gewedelt hätte?
Schöne Geschichte, denke ich. Leider ist es nicht immer so: Nur mal ein bisschen freundlich sein, und schon sieht die Welt ganz anders aus, werden auch meine Gegenüber freundlich. Wenn ich immer freundlich und nett bin, kann ich auch ganz schön oft den Kürzeren ziehen. Stehe blöd da, muss Nachteile in Kauf nehmen. Dann ist auf einmal der Parkplatz weg, weil ich so nett (dumm?) war. Oder sogar der Beruf, weil ich mich nicht durchsetzen konnte gegen einen anderen.
Manchmal ist es auch nicht so klar: Was ist gut? Was ist böse? Unsere Welt ist nicht schwarzweiß, sondern hat viele Schattierungen. Was für mich gut ist, empfindet mein Gegenüber vielleicht gerade als böse.
„Überwinde das Böse mit Gutem.“ Das heißt sicher nicht: Verleugne dich selbst, sage zu allem Ja. „Gut“ kann auch einmal bedeuten: Zu etwas deutlich Nein zu sagen. So, wie wir es am 1. Mai 2010 getan haben. Da haben wir dem „Bösen“ eine „gute“, menschen- und völkerverbindende Veranstaltung entgegengesetzt.
Überwinde das Böse mit Guten: Das verlangt viel Phantasie und Mut. Beides wünsche ich uns für das vor uns liegende Jahr.
Ihr Pfarrer Heiko Kuschel