Predigt am Kirchweihsonntag: Er sprang vor Freude und lobte Gott

Dialogpredigt zum ökumenischen Gottesdienst am Kirchweihsonntag

Gochsheim, 7.9.2025
Past.-Ref. Rainer Weigand und Pfr. Heiko Kuschel

1Einmal gingen Petrus und Johannes zum Tempel.
Es war um die neunte Stunde,
die Zeit für das Nachmittagsgebet.
2Da wurde ein Mann herbeigetragen,
der von Geburt an gelähmt war.
Tag für Tag setzte man ihn
an das Tor zum Tempelvorhof,
das die »Schöne Pforte« genannt wird.
Dort sollte er bei den Tempelbesuchern
um eine Gabe betteln.
3Der Mann sah Petrus und Johannes,
als sie gerade in den Tempel gehen wollten.
Er bat sie um eine Gabe.
4Petrus und Johannes blickten ihn an,
und Petrus sagte: »Sieh uns an!«
5Der Gelähmte sah zu ihnen auf
und erwartete, etwas von ihnen zu bekommen.
6Doch Petrus sagte: »Gold und Silber habe ich nicht.
Aber was ich habe, das gebe ich dir:
Im Namen von Jesus Christus, dem Nazoräer:
Steh auf und geh umher!«
7Petrus fasste den Mann bei der rechten Hand
und zog ihn hoch.
Im selben Augenblick kam Kraft
in seine Füße und Gelenke.
8Mit einem Sprung war er auf den Beinen
und machte ein paar Schritte.
Er folgte Petrus und Johannes in den Tempel.
Dort lief er umher, sprang vor Freude und lobte Gott.
9Das ganze Volk sah, wie er umherlief und Gott lobte.
10Sie erkannten in ihm den Bettler,
der immer an der Schönen Pforte des Tempels
gesessen hatte.
Sie staunten und konnten nicht fassen,
was mit ihm geschehen war.
Apostelgeschichte 3, 1-10


Lieber Rainer, das ist doch eine wunderschöne Geschichte, grade heute an unserer Kirchweih, finde ich! „Er sprang vor Freude und lobte Gott.“ 

Spontan würde ich sagen: Na klar, passt die Freude des Gelähmten zu Gochsheim. Grad an Kirchweih - Heute wird gefeiert und das nicht zu knapp. Die Freude, die der Gelähmte in den Füßen spürt, sodass alle „ihn sahen, wie er umhergeht“, sie drückt sich nicht nur im Plantanz aus; sondern auch in den Lobliedern auf Gott, die wir jetzt im Gottesdienst singen.

Der Gelähmte, der sein Leben lang ausgeschlossen war – plötzlich ist er mittendrin im Fest des Lebens. So wie heute alle mittendrin sind bei der Kirchweih. Ja, heute haben wir allen Grund, Gott zu loben und dankbar zu sein! Grade im Evangelium haben wir auch noch von der Heilung eines Taubstummen gehört. Und wenn wir heute noch die Epistel-Lesung für den 12. Sonntag nach Trinitatis gehört hätten, dann hätten wir da gehört, wie der Christenverfolger Saulus zum großen Missionar Paulus bekehrt wurde. Ihr habt ja andere Lesungen an diesem Sonntag, aber bei uns steht heute als Überschrift über allem: „Die große Verwandlung“. Gott verwandelt uns. Gott will die ganze Welt verwandeln. Und aus so einer Welt-Verwandlung ist ja damals auch das Friedensfest entstanden. Auch Gochsheim hat sich verwandelt damals – von einem Ort des Krieges in einen Ort des Friedens. Das ist ja nicht nur einfach „wir haben Spaß, trinken Wein und tanzen miteinander“, sondern das hat einen sehr ernsten Hintergrund.

Natürlich hat auch die Kirchweih einen ernsten Hintergrund. Und die Kirchweih erinnert an das Ende eines 3ojährigen Kriegs. Aber ich  frage: Wenn es schon dieses Friedenszeichen gibt, dass Kriege auch enden können….dann muss man das auch weitererzählen. In der Apg  geht ' s um die Heilung eines einzelnen. Ich stelle mir es gar nicht so einfach vor, für einen einzelnen, noch dazu: von Geburt an gelähmt… dass dem etwas so unglaubliches passiert.   Natürlich also geht es darum, dass wir lernen: Für Gott ist jede/r Mensch, so wie sie so wie er ist, ein ganz wertvoller Mensch / und – das drücken wird heute bei der Kirchweih gefeiert.

Ja: Kriege können auch enden! Heute sieht es irgendwie gar nicht danach aus, als kämen wir aus all diesen Katastrophen und Kriegen jemals wieder raus. Ich finde es geradezu mutig und fast ein bisschen trotzig, trotz all dieser Kriege und schlechten Nachrichten hier fröhlich ein Friedensfest zu feiern. Und auch für uns selber ist das ja so: Manchmal geht es uns gar nicht gut. Die Sorgen nehmen überhand. Jemand aus der Familie ist unheilbar krank oder liegt schon im Sterben. Ein bisschen wie der Taubstumme und der Gelähmte in den heutigen Lesungen, nur dass niemand vorbeikommt und einfach sagt: „Steh auf!“ Oder einfach: Der Job ist in Gefahr und das Geld reicht sowieso schon nicht mehr. Oder so viele andere Dinge. Gar nicht so einfach, da Gott zu loben! Die „große Verwandlung“ – manchmal ist es schwer, daran festzuhalten. Aber trotzdem: ich bin mir sicher, dass Gott uns liebt und auch dann an uns festhält, wenn es uns schlecht geht. Gott will uns verwandeln! 

Noch ein Punkt ist mir wichtig. Die Tatsache, dass Petrus und Johannes, die wichtig für die Ausbreitung  der Lehre von Jesu sind. Die sollte man kurz beleuchten: Sie sind hier in den Tempel gegangen, um zu beten. Dabei ist mir eines wichtig: Beide -Petrus und Johannes- sind damals keine Prominenten. Natürlich: Sie waren begeistert von Jesus und im Text gerade sprechen sie „im Namen Jesu Christi“. Und wir ? Wie viele (ich selbst auch) schaue immer wieder mal auf die Promis und diejenigen, die Macht haben.   

Ja, und? Was meinst du damit?

Das ist eine Falle, in die wir immer wieder tappen. Das führt oft dazu, dass wir leicht zu manipulieren sind. Für mich ist die Frohe Botschaft von Jesus gerade: Hab den Mut, anders zu sein! – Und: Handle anders als der Mainstream. Wie siehst du das?

Das heißt dann also: Schau nicht darauf, was die anderen machen. Sondern am besten darauf: Was würde Jesus tun? Und Jesus, der war eigentlich immer an der Seite der Schwachen und Benachteiligten. Siehe die Heilungsgeschichte aus dem Evangelium. Da ist es nicht immer schön. Aber ich glaube, das wäre wichtig: Darauf zu schauen, wie wir den Benachteiligten, den Armen, den Kranken helfen können. Wie wir – wenn schon nicht Lahme und Taubstumme – dann doch Menschen wenigstens an der Seele heilen und sie verwandeln. 

Also: mitarbeiten an der großen Verwandlung der Welt zu einem Ort des Friedens und der Versöhnung.

Puh, das ist ein langer Weg. Aber ja, ich glaube, das ist es, was Gott von uns will. Mitten in dieser von Kriegen und Leid und Armut geprägten Welt feiern wir ein Friedensfest.

Dieses Friedensfest, das ist dann nicht nur ein Rückblick auf das, was damals war. Sondern auch ein Versprechen für die Zukunft: Wir feiern heute mitten in all dem kriegerischen Chaos ein Friedensfest, weil wir wissen: Gott will die Welt verwandeln.

Gott will mit uns ein großes Friedensfest feiern. Und was wir hier an der Kirchweih erleben – das ist zumindest schon mal ein kleiner Vorgeschmack darauf.

Also – lasst uns den Frieden feiern!

Amen