Predigt am Ostersonntag: Nicht nur fürs Wochenende

Predigt am Ostersonntag/Ostermontag 2015
Sonntag 5.4. 10:00 Maßbach
Montag 6.4. 8:45 Rothhausen; 10:00 Poppenlauer

Text: Lk 24, 1-12:

Aber am ersten Tag der Woche sehr früh kamen sie zum Grab und trugen bei sich die wohlriechenden Öle, die sie bereitet hatten. 2 Sie fanden aber den Stein weggewälzt von dem Grab 3 und gingen hinein und fanden den Leib des Herrn Jesus nicht.

4 Und als sie darüber bekümmert waren, siehe, da traten zu ihnen zwei Männer mit glänzenden Kleidern. 5 Sie aber erschraken und neigten ihr Angesicht zur Erde. Da sprachen die zu ihnen: Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? 6 Er ist nicht hier, er ist auferstanden. Gedenkt daran, wie er euch gesagt hat, als er noch in Galiläa war: 7 Der Menschensohn muss überantwortet werden in die Hände der Sünder und gekreuzigt werden und am dritten Tage auferstehen. 8 Und sie gedachten an seine Worte. 9 Und sie gingen wieder weg vom Grab und verkündigten das alles den elf Jüngern und den andern allen. 10 Es waren aber Maria von Magdala und Johanna und Maria, des Jakobus Mutter, und die andern mit ihnen; die sagten das den Aposteln. 11 Und es erschienen ihnen diese Worte, als wär's Geschwätz, und sie glaubten ihnen nicht. 12 Petrus aber stand auf und lief zum Grab und bückte sich hinein und sah nur die Leinentücher und ging davon und wunderte sich über das, was geschehen war.

Liebe Gemeinde!

Josef von Arimathäa kommt nach Hause und beichtet seiner Frau: Schatz, da war so ein Mann, der wurde gekreuzigt, und weil er mir so leid tat, habe ich ihm unser Grab überlassen. Darauf die Frau: Wie bitte, unser neues Familiengrab? Bist du verrückt geworden? Josef: Schatz, beruhige dich doch, es ist ja nur übers Wochenende.

So einen Witz hätten die Freunde Jesu damals sicher nicht erzählen können. Denn für sie war es nicht klar, was für uns zum religiösen Grundwissen gehört: Der Tod Jesu war kein endgültiger. Drei Tage, dann hatte das Leben gesiegt. Jesus war in ihren Augen nicht nur „fürs Wochenende“ gestorben. Als Jesus starb, war für sie alles zu Ende. Die Woche. Der Monat. Das Jahr. Ihr ganzes Leben. Aller Lebenssinn.

Können wir eigentlich noch nachvollziehen, wie sich die Freunde Jesu damals gefühlt haben? Welche völlige Verzweiflung sie überkommen haben muss in diesen Tagen. Jahrelang waren sie ihm gefolgt. Hatten erlebt, was er bewirkte. Hatten gesehen, wie er Kranke heilte. Hatten gehört, wie er mit einer ungewohnten Vollmacht von Gottes Liebe sprach. Sie hatten gesehen, mit welcher Hingabe er sich anderen Menschen zuwandte. Mit welchem Engagement er sich auch in theologische Debatten begab. Wie er immer wieder menschenfreundliche Lösungen fand, selbst in scheinbar ausweglosen Situationen, man denke nur an diesen berühmten Satz „Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein“.

Für sie, die ihm überallhin gefolgt waren, war mehr verloren als ein paar Jahre, die sie dann eben einem religiösen Spinner hinterhergelaufen waren. Für sie war ihre gesamte Welt zusammengebrochen. Die Hoffnung der Welt, der liebevollste, vollkommenste Mensch, den sie je erlebt hatten, war gescheitert. Gescheitert an der Uneinsichtigkeit anderer Menschen. Gescheitert an Machtintrigen, Verdächtigungen, Kompetenzstreitigkeiten. Gescheitert an Egoismus, Gewalt und Unterdrückung.

Die Hoffnung der Welt war gescheitert. Tot. Ohne ihn machte alles keinen Sinn. Ende der Woche. Ende des ganzen Lebens. Ende alles Lebenssinns. Und eben keine Aussicht, dass es irgendwie weitergehen würde.

Ein wenig können wir es vielleicht nachvollziehen, wie sich die Freunde Jesu gefühlt haben. Dann, wenn wir an Menschen denken, für die gerade auch alles zu Ende gegangen zu sein scheint. Vielleicht haben auch Sie in der letzten Zeit einen lieben Menschen verloren. Oder Ihre Nachbarn. Oder Sie denken an die Angehörigen der 150 Toten des Flugzeugabsturzes, an die Eltern und Geschwister der Schulklasse, an alle, die so plötzlich damit zurechtkommen müssen, dass ein Mensch, den sie liebten, gewaltsam aus dem Leben gerissen wurde.

Oder Sie denken an die vielen, viel zu vielen Christen, die allein in diesem Jahr schon für ihren Glauben gestorben sind, in Syrien, im Irak, in Kenia, in anderen Ländern.

Oder an die Millionen Kinder, die immer noch vor Hunger sterben, alle fünf Sekunden eines, drei- bis vierhundert, seit unser Gottesdienst begann. Opfer von Machtintrigen, Verdächtigungen, Kompetenzstreitigkeiten. Opfer von Egoismus, Gewalt und Unterdrückung.

Vielleicht denken Sie mit mir auch an die Flüchtlinge aus Afrika. Die, die zu Hause so wenig Hoffnung hatten, dass sie alles auf eine Karte setzten, um nach Europa zu gelangen – und die im Mittelmeer ertrunken sind, eingepfercht in schrottreifen Schiffen, Schlauchbooten und allem, was irgendwie schwimmt, von Schleppern noch um das letzte bisschen Geld gebracht, alles nur, um kurz vor dem Ziel am Meeresgrund zu enden.

Tod: Das ist eben nicht nur „fürs Wochenende“. Das ist für immer. Und wer was anderes erzählt, dem glauben wir doch nicht.

Auch die Frauen am Grab hätten niemals gedacht, dass Jesus wieder lebt. Sie waren bekümmert, als sie den Leichnam nicht fanden. Was auch immer da geschehen war – es würde doch sicher nur Stress und Ärger bedeuten. Wer würde schon eine Leiche stehlen, wenn er nicht irgendwas Schlechtes damit im Sinn hätte.

Doch dann: Diese Worte der „Männer in glänzenden Kleidern“, der Engel am Grab: „Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? 6 Er ist nicht hier, er ist auferstanden. Gedenkt daran, wie er euch gesagt hat, als er noch in Galiläa war: 7 Der Menschensohn muss überantwortet werden in die Hände der Sünder und gekreuzigt werden und am dritten Tage auferstehen.“

Er ist nicht hier, er ist auferstanden! Verwirrt waren sie, die Frauen am Grab, die Jünger hielten es erst einmal für Geschwätz. So was kann man nicht glauben. Das passiert nicht. Erst langsam, sehr langsam setzte sich die Erkenntnis durch: Er ist wahrhaftig nicht hier. Er ist wahrhaftig auferstanden! Erst langsam, sehr langsam wurde ihnen klar: Sein Tod, der war wirklich nur für ein Wochenende gewesen. Er war nicht das Ende von allem, im Gegenteil: Sein Tod, er war der Anfang von etwas neuem!

Wochen hat es gedauert, so erzählt die Apostelgeschichte es weiter, bis die Jünger Jesu sich wirklich auf die Straße getraut haben mit dieser unglaublichen Geschichte. Bis sie die ersten Gemeinden gegründet haben. Erst an Pfingsten werden wir das feiern. Doch schon heute gilt: Das Grab ist wahrhaftig leer! Und auch die Gräber all derer, um die wir trauern, sie werden eines Tages wahrhaftig leer sein!

Jesus ist gestorben, ja. Sein Tod schien so endgültig wie der Tod eines jeden Menschen eben ist. Aber sein Tod, er war nur fürs Wochenende. Sein Tod war wahrhaftig das Ende der Woche. Das Ende des Monats. Das Ende allen Lebenssinns. Doch auf einmal war sein Tod mehr: Nicht das Ende. Sondern der Anfang. Sein Tod: Nicht fürs Wochenende. Sondern fürs Leben. Für ein wahrhaftiges Leben. Für uns alle. Das Grab ist leer, er ist nicht hier, er ist auferstanden! Langsam hat sich diese Botschaft verbreitet. Heute feiern wir sie auf der ganzen Welt. Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden, halleluja!


 

Und der Friede Gottes, der höher ist als alles unsere menschliche Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.