Wort in den Tag: Die Welt verändern - heute!

 Guten Morgen, liebe Hörerinnen und Hörer!

Bald haben wir es geschafft, diesen trüben und dunklen November mit seinen schweren Gedanken an Tod, Sterben und all das. Bald ist wieder Advent, wir zünden Lichter an, bereiten uns auf Weihnachten vor. Diese Woche zwischen Ewigkeitssontag und erstem Advent ist so eine Art Übergang dazwischen.

Und deshalb überfalle ich Sie am frühen Morgen mit einer ganz schön schwierigen Frage: Wie ist das für Sie mit dieser Ewigkeit? Wie stellen Sie sich das vor?

Manche sagen: Ich lebe weiter in dem, was von mir in dieser Welt bleibt. Ja, natürlich. Auch, wenn das für Christen noch lange nicht alles ist – es ist etwas Schönes und Wichtiges. Dem Leben einen Sinn geben. Der Welt einen ganz kleinen Eindruck von sich selbst hinterlassen. Kinder in die Welt setzen vielleicht. Einen Baum pflanzen, der Menschen noch in hundert Jahren Schatten spendet. Oder auch einfach einen anderen Menschen glücklich machen. Warum fangen Sie nicht gleich heute damit an?

Ich wünsche Ihnen, dass Sie heute die Welt ein klein wenig schöner machen können.

 

"gute" Atheisten und "schlechte" Christen

Predigt am 11. Sonntag nach Trinitatis 2011
Schonungen, 4.9.2011

Text: Mt 21, 28-32
Was meint ihr aber? Es hatte ein Mann zwei Söhne und ging zu dem ersten und sprach: Mein Sohn, geh hin und arbeite heute im Weinberg. 29 Er antwortete aber und sprach: Nein, ich will nicht. Danach reute es ihn, und er ging hin. 30 Und der Vater ging zum zweiten Sohn und sagte dasselbe. Der aber antwortete und sprach: Ja, Herr! und ging nicht hin. 31 Wer von den beiden hat des Vaters Willen getan? Sie antworteten: Der erste. Jesus sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Die Zöllner und Huren kommen eher ins Reich Gottes als ihr. 32 Denn Johannes kam zu euch und lehrte euch den rechten Weg, und ihr glaubtet ihm nicht; aber die Zöllner und Huren glaubten ihm. Und obwohl ihr's saht, tatet ihr dennoch nicht Buße, so dass ihr ihm dann auch geglaubt hättet.

Liebe Gemeinde!

Als Citykirchenpfarrer habe ich ja hauptsächlich mit Leuten zu tun, die nicht gerade jeden Sonntag in die Kirche gehen. Seltsamerweise meinen aber viele von ihnen, sie müssten sich vor mir dafür rechtfertigen. Da kommen irgendwie immer die gleichen Argumente, die Sie vielleicht auch schon gehört haben. „Gott finde ich auch im Wald“ und „Sonntags will ich ausschlafen“ und natürlich „der Gottesdienst ist so langweilig, der sagt mir gar nichts.“

Erwählt auf Hoffnung

Predigt am 10. Sonntag nach Trinitatis 2006/2011
Gochsheim, 20.8.2006; Schonungen, 28.8.2011

Text: Jes 62, 6-12: O Jerusalem, ich habe Wächter über deine Mauern bestellt, die den ganzen Tag und die ganze Nacht nicht mehr schweigen sollen. Die ihr den HERRN erinnern sollt, ohne euch Ruhe zu gönnen, 7 lasst ihm keine Ruhe, bis er Jerusalem wieder aufrichte und es setze zum Lobpreis auf Erden! 8 Der HERR hat geschworen bei seiner Rechten und bei seinem starken Arm: Ich will dein Getreide nicht mehr deinen Feinden zu essen geben noch deinen Wein, mit dem du so viel Arbeit hattest, die Fremden trinken lassen, 9 sondern die es einsammeln, sollen's auch essen und den HERRN rühmen, und die ihn einbringen, sollen ihn trinken in den Vorhöfen meines Heiligtums.

10 Gehet ein, gehet ein durch die Tore! Bereitet dem Volk den Weg! Machet Bahn, machet Bahn, räumt die Steine hinweg! Richtet ein Zeichen auf für die Völker! 11 Siehe, der HERR läßt es hören bis an die Enden der Erde: Saget der Tochter Zion: Siehe, dein Heil kommt! Siehe, was er gewann, ist bei ihm, und was er sich erwarb, geht vor ihm her! 12 Man wird sie nennen «Heiliges Volk», «Erlöste des HERRN», und dich wird man nennen «Gesuchte» und «Nicht mehr verlassene Stadt».

Liebe Gemeinde!

Ein schwieriges Thema haben wir am heutigen Sonntag. Früher, da war alles viel klarer und eindeutiger. Da gab es auch den Israel-Sonntag am 10. Sonntag nach Trinitatis. Aber die Texte, die an diesem Sonntag gelesen wurden, die waren noch andere. Da ging es eher um das Gericht über Israel. Darum, dass die Juden ihr Heil verwirkt haben, dass Gott sie straft. Der alte Predigttext für heute – vor 12 Jahren wurde vermutlich hier in dieser Kirche noch über ihn gepredigt – es war eine Stelle aus dem Römerbrief, wo Paulus davon redet, dass er lieber selbst an Stelle seiner früheren Glaubensbrüder und -schwestern verflucht sein möchte. Da konnte man sich gut darüber auslassen, wie die Juden ihre Erwählung verspielt haben, als sie Jesus, den Messias, den Gott ihnen geschickt hatte, ans Kreuz haben schlagen lassen. Dass sie vor Pilatus geschrieen haben: „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!“ Dass ihre Geschichte der letzten 2000 Jahre die gerechte Strafe Gottes sei.

Töten erlaubt?

Darf man Hitler töten? Kaum einer hat wohl mit dieser Frage so gerungen wie der Theologe Dietrich Bonhoeffer. Nach langem Überlegen, vielen Diskussionen und mit allen damit verbundenen Zweifeln kam er zu dem Schluss: Als Christ darf ich nicht nur, ich muss. Aus der Nächstenliebe heraus erwächst einem Christen die Pflicht, diesen Menschen, der so unsägliches Leid über die Welt gebracht hat, zu töten, um dem Ganzen ein Ende zu machen. Und dennoch: Es bleibt Schuld. Schuld, die Dietrich Bonhoeffer bereit gewesen wäre, auf sich zu nehmen. Ein Mord bleibt ein Mord, so seine Überzeugung. Und trotzdem muss er getan werden, denn nichts zu tun, wäre die noch weitaus größere Schuld. „Wer sich in der Verantwortung der Schuld entziehen will, löst sich aus dem erlösenden Geheimnis des sündlosen Schuldtragens Jesu Christi und hat keinen Anteil an der göttlichen Rechtfertigung, die über diesem Ereignis liegt. Er stellt seine persönliche Unschuld über die Verantwortung für die Menschen, und er ist blind für die heillosere Schuld, die er gerade damit auf sich lädt.“ (Bonhoeffer, Ethik, zitiert nach: Renate Wind: Dem Rad in die Speichen fallen, 7. Aufl. 1994, S. 123)

 

Recht und Gerechtigkeit

Predigt am Sonntag Estomihi 2011

Schonungen, 6.3.11

Text:Am 5, 21-24*
Ich bin euren Feiertagen gram und verachte sie und mag eure Versammlungen nicht riechen. 22 Und wenn ihr mir auch Brandopfer und Speisopfer opfert, so habe ich kein Gefallen daran und mag auch eure fetten Dankopfer nicht ansehen. 23 Tu weg von mir das Geplärr deiner Lieder; denn ich mag dein Harfenspiel nicht hören! 24 Es ströme aber das Recht wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach.

Liebe Gemeinde!
Faschingssonntag ist heute. Vielleicht haben Sie heute was Lustiges erwartet. Eine gereimte Predigt oder so was. Aber – ich muss Sie enttäuschen. Ganz im Gegenteil. Heute erwartet Sie eine Strafpredigt. Und das hat überhaupt nichts damit zu tun, dass der Fasching vielleicht irgendwie anstößig wäre oder sonstwas. Nein, die Kritik des Amos geht viel tiefer. Da geht es nicht darum, ob wir mal ein paar Tage ein bisschen über die Stränge schlagen. Er sagt: Euer ganzes Leben wird den Ansprüchen Gottes nicht gerecht!

Wir sind Bettler, das ist wahr

Predigt am 1. Sonntag nach Epiphanias
Gochsheim, 7./8.1.2006; Schonungen, 9.1.2011
Text: 1. Kor 1, 26-31

26 Seht doch, liebe Brüder, auf eure Berufung. Nicht viele Weise nach dem Fleisch, nicht viele Mächtige, nicht viele Angesehene sind berufen. 27 Sondern was töricht ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, damit er die Weisen zuschanden mache; und was schwach ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, damit er zuschanden mache, was stark ist; 28 und das Geringe vor der Welt und das Verachtete hat Gott erwählt, das, was nichts ist, damit er zunichte mache, was etwas ist, 29 damit sich kein Mensch vor Gott rühme. 30 Durch ihn aber seid ihr in Christus Jesus, der uns von Gott gemacht ist zur Weisheit und zur Gerechtigkeit und zur Heiligung und zur Erlösung, 31 damit, wie geschrieben steht (Jeremia 9,22.23): «Wer sich rühmt, der rühme sich des Herrn!»

Liebe Gemeinde!

Als Martin Luther starb, fand man auf seinem Schreibtisch einen letzten Satz, kurz vor seinem Tod geschrieben: „Wir sind Bettler, das ist wahr“. Es ist wie ein Vermächtnis, dieser Satz. Wir sind Bettler: Wir haben nichts, womit wir vor Gott be3stehen könnten. Wir können ihm nichts geben. Wir können nur dankend empfangen. Das war es, was Luther ein Leben lang den Menschen predigte: Wir sind Bettler, das ist wahr. 

Das klingt ganz anders als unsere Vorstellung von einem guten, schönen Leben. Wer wäre schon gerne ein Bettler? Wir träumen davon, erfolgreich zu sein. Wir träumen vom großen Lottogewinn oder davon, dasss unsere Kinder oder Enkel einmal mehr Erfolg haben als wir. Die Jugendlichen träumen davon, bei „Deutschland sucht den Superstar“ und ähnlichen Sendungen groß rauszukommen. Und manche, ganz wenige, die schaffen es auch. Werden berühmt und erfolgreich. 

Aber die meisten von uns, für die bleibt das alles höchstens ein Traum. Wir sind halt einfach ganz normale Menschen, mehr oder weniger zufrieden oder unzufrieden mit dem Leben, das wir haben. Wir versuchen, unsere Sache so gut zu machen, wie wir eben können. Manchmal gelingt uns, was wir uns vorgenommen haben – und manchmal geht es auch daneben. So sind wir eben. Wir machen manches gut und manches geht daneben. Wir sind Bettler, das ist wahr. Berühmt und erfolgreich – das schaffen nur ganz wenige, und noch weniger sind wirklich glücklich damit.

Das Seltsame ist: Auch Gott, als er in Jesus auf die Welt kam, war alles andere als ein Superstar, so wie wir ihn uns vorstellen. Gerade haben wir es gefeiert, vor ein paar Wochen davon gehört: er war so arm, dass er in einer Krippe schlafen musste als Kind. Die ersten, die von seiner Geburt hörten, das waren nicht irgendwelche Weisen und Schriftgelehrten, die jeden Tag die Bibel studierten und überall hoch angesehen waren. Nein, es waren die Hirten, die, mit denen niemand etwas zu tun haben wollte, die ausgestoßenen aus der Gesellschaft. Vielleicht konnten nur sie wirklich erfassen, was das heißt: Gott wird einer von uns. Er kommt eben nicht als einer der Großen und Mächtigen, sondern ganz klein.

Und auch am Ende seines Lebens steht er da wie ein Versager: Verurteilt zum Tod am Kreuz als Schwerverbrecher. Das soll der Messias sein? Niemals! So sagen die Juden. Der Messias, das ist der Gesalbte Gottes, der das Großreich Israels wieder errichten wird, als ein Nachkomme von König David. Der die Römer aus dem Land vertreiben und Israel wieder in die politische Selbständigkeit und in eine neue Blüte führen wird. Ein Ärgernis für die Juden ist er, dieser gekreuzigte Messias. So schreibt es Paulus wenige Zeilen vor unserem Predigttext: Wir aber predigen den gekreuzigten Christus, den Juden ein Ärgernis und den Griechen eine Torheit. 

Auch die Griechen, also die Philosophen der damaligen Zeit, können das nicht akzeptieren: Für sie ist Gott per Definition etwas Großes, Unnahbares, vielleicht sogar Unveränderbares. Jedenfalls ein Wesen, das so weit weg ist von uns, dass wir uns nur noch klein und unbedeutend vorkommen können. Ein Gott, der leidet und stirbt am Kreuz? Unvorstellbar! So etwas ist töricht. Wer daran glaubt, ist selber schuld.

Doch genau das ist die Botschaft des Paulus: Gott macht aus dem Kleinen, Unbedeutenden etwas Großes. Aus dem Menschen Jesus, der vor der ganzen Welt als Versager dasteht, macht er den Sohn Gottes, den Messias, den Auferstandenen, der den Tod für uns besiegt hat. Aus kleinen, oft unbedeutenden Menschen, wie wir uns manchmal selber vorkommen, macht er Menschen, die etwas bewirken können. Sei es hier in unserer Gemeinde, wo viele mit ihrer Musikalität zu unseren Gottesdiensten beisteuern, mit Verantwortung tragen in Gruppen, Kreisen und Gremien. Sei es in der Familie, wo viel mit ihren oft so gering geschätzten Fähigkeiten sich aufreiben, den Haushalt führen, vielelicht noch die Oma oder den Opa pflegen. Sei es unter Freunden, wo einer vielleicht einmal das richtige, tröstende Wort für einen anderen hat. Das sind Dinge, die viel wichtiger sind als Ruhm und Ehre. Aber selbst das – vor Gott zählt es überhaupt nichts. Kein Mensch kann sich vor Gott rühmen, dass er Gottes Willen vollkommen gerecht wird. Kein Mensch kann von sich sagen, dass er Gottes Gebote vollkommen erfüllt. Nur einer hat das jemals getan, und der wurde von den Menschen dafür verachtet: „was töricht ist vor der Welt, das hat Gott erwählt; was schwach ist vor der Welt, das hat Gott erwählt.“ Für ihn zählt nicht, was wir leisten, ob wir Superstars sind oder arme Schlucker, ob wir reich und angesehen sind oder einsam und verbittert. Für ihn zählt nur eines: Dass wir zu Jesus Christus gehören. Dass wir vor Gott treten und erkennen: Wir haben uns Gottes Liebe nicht verdient. Wir sind Bettler vor ihm, die ganz und gar auf seine Gnade angewiesen sind. Nur einer kann uns helfen. Einer, der genauso war. Den Juden ein Ärgernis und den Griechen eine Torheit, aber von Gott gemacht uns zur Weisheit und zur Gerechtigkeit und zur Heiligung und zur Erlösung.

Ein seltsamer Glaube ist das, so haben die Gelehrten damals geurteilt. Die jüdischen Schriftgelehrten ebenso wie die griechischen Philosophen. Das kann doch keiner ernst nehmen. Und gerade dieses Urteil über unseren Glauben ist es, das mich noch mehr davon überzeugt: Das, was damals geschehen ist, das hätte sich kein Mensch ausdenken können. Das war so völlig gegen das Denken der damaligen Zeit. Aber dieser Jesus, dieses Ärgernis, diese Torheit: Die Botschaft davon hat die Zeit überdauert. Und bis heute verlassen wir uns darauf: Gott nimmt uns an. Mit allen unseren Fehlern und Schwächen. Er kommt zu uns, er ist einer von uns geworden. Und – er stärkt uns heute/morgen in Brot und Wein. Er hat uns berufen durch die Taufe. Wir gehören zu ihm, nicht, weil wir es verdient hätten, sondern weil er es uns schenkt: Wir sind Bettler, das ist wahr.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere menschliche Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
 

Das Licht der Welt

Predigt am zweiten Weihnachtsfeiertag 2010
Ottendorf, 26.12.2010
Text: Joh 8, 12-16
Da redete Jesus abermals zu ihnen und sprach: Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben. 13 Da sprachen die Pharisäer zu ihm: Du gibst Zeugnis von dir selbst; dein Zeugnis ist nicht wahr. 14 Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Auch wenn ich von mir selbst zeuge, ist mein Zeugnis wahr; denn ich weiß, woher ich gekommen bin und wohin ich gehe; ihr aber wißt nicht, woher ich komme oder wohin ich gehe. 15 Ihr richtet nach dem Fleisch, ich richte niemand. 16 Wenn ich aber richte, so ist mein Richten gerecht; denn ich bin's nicht allein, sondern ich und der Vater, der mich gesandt hat.

Liebe Gemeinde!
„Ich bin das Licht der Welt“. Ach, was ist das für ein schöner Satz. Das finde ich richtig gut und herzerwärmend, dass wir Weihnachten in dieser dunklen Jahreszeit feiern. Da geht dieser Satz gleich nochmal viel mehr zu Herzen. Jesus sagt: Ich bin das Licht der Welt.
Um das zu feiern, haben wir Lichter angezündet in diesen Tagen. Schon seit Wochen werden es immer mehr Lichter am Adventskranz, in Vorbereitung auf dieses Wunder: Das Licht kommt in die dunkle Welt! Und vorgestern haben wir die Kerzen am Weihnachtsbaum angezündet. Jesus, das Licht der Welt, macht unsere dunkle Welt hell!

Findest du nicht, dass man nach 2000 Jahren mal ein bisschen was sehen sollte von diesem Licht der Welt? Ich seh da nämlich nicht viel davon. Nur eine Kerze anzuzünden reicht mir irgendwie nicht aus. Schau dir doch an, was dieses Jahr wieder alles passiert ist. Das Erdbeben in Haiti. Terroranschläge an den verschiedensten Orten. Und Nord- und Südkorea stehen kurz vor einem Krieg. Das Licht der Welt? Ist die Welt nicht immer noch genau so dunkel wie damals, wenn nicht sogar dunkler?

Ja, du hast Recht. Unsere Welt scheint auf den ersten Blick nicht wirklich heller geworden zu sein. Gott ist nicht in die Welt gekommen und hat auf einen Schlag alles Leid abgeschafft und alle Trauer beseitigt.

Scheint ja doch ein ziemlich kleines Licht zu sein, dieses Licht der Welt.

In gewisser Weise: Ja. Schau es dir doch an: Jesus kommt nicht als König in die Welt, sondern als ein kleines Kind von armen, einfachen Eltern. Im Stall in einer Krippe liegt er. Ja, das ist wirklich ein ziemlich kleines, unscheinbares Licht der Welt.

Ist das dann nicht ein bisschen arg hoch gegriffen, dieser Satz: „Ich bin das Licht der Welt“? Vielleicht hätte er besser sagen sollen „Ich bin eine kleine Kerze, die versucht, die Dunkelheit ein bisschen zu erhellen“?

Nein. Ich glaube: Jesus ist wirklich etwas ganz Außergewöhnliches. Nur wir haben einfach falsche Vorstellungen davon, was und wie das „Licht der Welt“ sein sollte. Gott verändert die Welt. Aber er tut das anders, als wir uns das vorstellen.

Nämlich wie?

Gott verändert die Welt nicht irgendwie von oben herab. Er kommt ganz klein in die Welt. Du hast schon Recht: Eher wie eine Kerze, die in der Dunkelheit brennt. Aber sei mal ehrlich: So eine einzelne Kerze in der Dunkelheit ist doch auch was viel Schöneres als ein Halogenstrahler, der alles bis ins letzte Eck ausleuchtet.

Ja, das schon. Aber für die Welt würde ich mir doch eher so einen Halogenstrahler wünschen. Da gibt's einfach viel zu viel Dunkelheit.

Da brauchen wir gar keinen Strahler dafür. Es reicht, dass das Licht da ist. An einer Kerze kann man doch eine weitere anzünden. Und dann noch eine. Jesus lädt uns ein, es ihm nachzumachen. „Nachfolgen“ nennt er das. Schau dir doch den zweiten Satz unseres Predigttextes an: „Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.“ Wir haben so viele Milliarden Christen auf der Welt; da müsste die Welt doch eigentlich etwas heller werden!

Ja, das stimmt. Vielleicht wissen sie nicht so recht, wo sie anfangen sollen?

Gerade ihr Katholiken habt doch eine ganze Menge Vorbilder, die gezeigt haben, wie das geht: Dieses Jesus Nachfolgen.

Ja: Ein ganz großes Beispiel haben wir ja gerade in der Lesung gehört: Von Stefanus, der sich für seinen Glauben hat steinigen lassen. Aber das ist für uns doch ziemlich weit weg, sozusagen eine Nummer zu groß. Was wir brauchen, sind keine solchen „großen“ Vorbilder, wie etwa auch die Mutter Theresa. Wir brauchen Modelle, wie wir unseren Glauben hier leben können. Ich denke dabei an eine Frau, die ich erst letzte Woche beerdigen musste. Die hat hier immer mit einer großen Fröhlichkeit in der Gde# gewirkt. Das war für mich so ein Modell im Glauben. 

Wir Evangelischen haben ja immer so unsere Probleme mit den Heiligen. Aber so, als Modelle im Glauben, kann ich sie auch gut annehmen. Da würden mir auch auf Anhieb ein paar einfallen. Ich denke gerade an eine Frau, die mit 97 Jahren immer noch jeden Tag ins Altersheim geht u sich um ihre „Altchen“ kümmert, wie sie sie nennt. Sie liest ihnen Geschichten vor, singt u betet mit ihnen, alles aus ihrem persönlichen Glauben heraus. Aber besonders wichtig finde ich, selbst einen eigenen Glaubensweg zu finden. Das Licht der Welt weiterzugeben an andere. Damit unsere Welt nicht nur an Weihnachten ein bisschen heller wird. Und damit die Menschen diese Freude wieder spüren: Das Licht der Welt ist zu uns gekommen.

Amen.