Wort in der Mitte: Unterbrechung!
Wort in der Mitte bei der Vesperkirche Schweinfurt am 24.1.2019
Liebe Gäste der Vesperkirche, liebe Gastgeberinnen und Gastgeber,
„ach, jetzt waren wir grad so schön in der Unterhaltung, und auf einmal redet der da oben von der Kanzel!“ - vielleicht haben Sie das oder was ähnliches gerade gedacht, kann sein und ist auch völlig in Ordnung.
Gestern habe ich ein Video gesehen von Professor Harald Lesch. Ein Vortrag beim Diözesanempfang des Bistums Würzburg, Thema „Was hat die Natur noch mit uns zu tun?“ Wirklich sehenswert, wenn Sie das auf Facebook oder sonstwo finden, nehmen Sie sich die knappe Stunde Zeit dafür.
Aber genau das mit der Unterbrechung war sein Einstieg: Stellen Sie sich vor, in Deutschland gäbe es jeden Tag eine Unterbrechung. Irgendwann am Vormittag, vielleicht so um halb zehn, fahren alle Autos an den Straßenrand. Die Radfahrer auch. Fußgänger bleiben stehen. Leute kommen aus ihren Büros. Alle schauen sich um, begrüßen sich freundlich. Und nach fünf Minuten geht es wieder weiter.
Eine kurze Unterbrechung. Und doch würde sie so viel verändern. Denn wir hätten neue Menschen kennengelernt, ganz zufällig, auf der Straße. Wir hätten uns einen kurzen Moment Zeit genommen, ein kleines bisschen voneinander erfahren, miteinander gelacht, uns die Hand gereicht.
Ich finde das eine wunderschöne Idee. In der Form ist sie sicher nicht durchzuführen – oder doch? Machen wir hier nicht gerade so was ähnliches? Einfach mal einen Moment durchschnaufen. Sich umsehen. Einander wahrnehmen. Das ist doch das Besondere an dieser Vesperkirche. Und das ganz Besondere an diesem Wort in der Mitte. Dass wir uns mal für einen Moment rausnehmen aus dem Alltagstrubel. Durchschnaufen. Was anderes sehen und hören. Und dann wieder weitermachen, gestärkt und vielleicht auch mit ein paar neuen Beobachtungen und Erkenntnissen.
Die Vesperkirche ist in gut zwei Wochen wieder rum. Und dann?
Vielleicht schaffen Sie‘s ja, sich so eine Unterbrechung des Alltags zu erhalten. Einen festen Punkt am Tag, an dem Sie mal alles hinlegen und drei Minuten nicht das tun, was Sie eigentlich müssten.
Früher waren für viele feste Zeiten des Gebets so ein Unterbrechungsmoment. Auch das wäre natürlich etwas schönes. Aber es reicht schon, sich überhaupt unterbrechen zu lassen. Immer wieder mal. So wie heute, von diesem Wort in den Tag.
Für heute wünsche ich Ihnen noch eine segensreiche Unterbrechung des Alltags hier in der Vesperkirche Schweinfurt.