Texte der Klänge in der Nacht am 10.03.2023

Station 1: Mose

Mose an der Kanzel

Ich bin Mose. Vor 329 Jahren stellte man mich unter diese Kanzel. Als ein Zeichen für die Menschen: Die Predigten hier, sie stehen auf dem Grund der Zehn Gebote. Die Predigten, die hier gehalten werden, sie fußen auf dem Alten Testament. Ihr habt gemeinsame Wurzeln mit dem Judentum. Manchmal, in eurer Geschichte, da wäre es gut gewesen, ihr hättet auf dieses Zeichen geachtet.

Ich bin Mose. Seit 329 Jahren stehe ich hier. So gerne würde ich einfach abhauen. Das alles hinter mir lassen. Ständig höre ich davon, was ihr aus dieser Welt macht. Ein machthungriger Diktator bombardiert sein Nachbarland. Die Dürren und andere Naturkatastrophen werden von Jahr zu Jahr schlimmer, ganz wie von der Wissenschaft seit mindestens 50 Jahren vorhergesagt. Und immer noch werden die Armen immer ärmer und die Reichen bereichern sich jetzt eben an der Rüstungsindustrie und Lebensmittelspekulationen.

Die ganze Schöpfung seufzt, so schreibt es Paulus im Römerbrief. Pflanzen, Tiere, ja, auch die Menschen leiden darunter, was ihr aus dieser schönen Welt gemacht habt.

Die ganze Schöpfung seufzt. Ich seufze mit ihr. Ich klage. Ich klage euch an: Was habt ihr getan? Bebauen und bewahren solltet ihr diese wunderschöne Welt.

Und nein, versteck dich jetzt nicht hinter irgendwelchen Ausflüchten. Du trägst selbst einen Teil der Schuld. Jede und jeder von euch.

Die ganze Schöpfung seufzt und leidet. Ich seufze mit ihr.

Improperien I

Menschen stehen unter dem Kreuz. Gott fragt: Was habe ich dir getan, dass du gegen mich handelst?

So spricht er zu uns durch den Propheten Micha:

Was habe ich dir getan, mein Volk, und womit habe ich dich beschwert? Das sage mir!

Habe ich dich doch aus Ägyptenland geführt und aus der Knechtschaft erlöst und vor dir her gesandt Mose, Aaron und Mirjam. Mein Volk, denke doch daran, damit ihr erkennt, wie der Herr euch alles Gute getan hat. O mein Volk!

Improperien II

So fragt uns Gott:

Was habe ich dir getan, mein Volk, und womit habe ich dich beschwert? Das sage mir!

Habe ich dich doch befreit aus der Knechtschaft des Todes, damit du lebst. Doch du tust Werke des Todes, zerstörst und vernichtest.

Habe ich doch Christus zu dir gesandt und dich aus der Sünde erlöst. Doch du kreuzigst ihn täglich mit dem, was du tust.

O mein Volk!

Improperien III

Was habe ich dir getan, mein Volk, und womit habe ich dich beschwert? Das sage mir!

Habe ich dich doch mit meinem Worte gespeist und mit lebendigem Wasser erquickt. Doch dich kümmert wenig, was ich zu dir spreche.

Habe ich dir doch gesagt, was gut ist, und was ich von dir will. Doch du handelst nach deinem Gutdünken. Mein Volk, dankst du so dem Herrn, deinem Gott?

O mein Volk!

Die Natur klagt uns an

Am Ende der Schöpfung,

als die Meere fünfzig Meter hoch gestiegen waren,

vergiftet, zu heiß, Feind jeden Lebens,

als die einst grünen Felder vertrocknet waren,

die Städte verglüht in der Sommerhitze,

die Dörfer verödet, zerbombt und tot,

die letzten Menschen verendet auf der Suche nach Wasser,

da geschah eine große Gerichtsverhandlung.

Angeklagt: Der Mensch.

Der Schwertstör war der erste Zeuge. Überfischt und ohne Lebensraum, war er ausgestorben, schon vor Jahrzehnten. „Was habt ihr uns angetan?“ donnerte seine Stimme durchs Gericht.

Amerikanische Wandertaube, Tasmanischer Beutelwolf, Java-Tiger,Goldkröte, Chinesischer Flussdelfin, Mosaikschwanzratte, Pinta-Riesenschildkröte und Tausende Arten traten auf, die man seit Jahren und Jahrzehnten nicht mehr erblickt hatte.

Lange dauerte die Verhandlung, sehr lange.

Die Schuldfrage war geklärt, ohne jeden Zweifel.

Doch am Ende verurteilten sie den Menschen nicht.

Er war doch ein Teil von ihnen.

Er gehörte doch dazu.

Die ganze Schöpfung seufzte. .

Gemeinsam weinten sie um die verlorene Welt.

Lied: 10.000 Tränen

Berge

Station 2: Taufkapelle

Taufkapelle

Im Jahre des Herrn 1367 ist am 1. August dieser Taufstein gemacht worden durch Conrad Nuzzer und Friedrich Rucker.

Seit 655 Jahren, sieben Monaten und 10 Tagen steht dieser Taufstein nun hier. Die Kapelle selbst ist wohl noch ein paar Jahre älter. Wie viele Menschen wohl in dieser Zeit hier getauft wurden? Keiner kann sie alle zählen. Doch allen galt und gilt die Zusage Gottes: Du bist mein Kind! Du gehörst zu mir.

Was deine Schuld auch sein mag: Du bist geliebt.

Was dich auch von Gott getrennt haben mag: Du bist geliebt.

Welche Angst, welcher Zorn auch immer dich umtreibt: Du bist geliebt.

Gott hat sich entschieden.

Für dich.

Nicht für die Strafe, sondern:

Für die Liebe.

Du

bist

geliebt.

Das Lied von der Veränderung der Welt

Lothar Zenetti

Und manchmal wissen wir's

Und manchmal wissen wir's:

's klopft jemand an,

Der Brüder einer, müder Wandersmann.

Wir wissen, jemand steht in Nacht und Graus,

Und seines Klopfens Hallen ist im Haus.

Sein zagend Flehen dringt zu uns herein:

Im Namen Gottes, Brüder laßt mich ein!

Und hören stumm sein Klopfen, seine Bitte.

Zu Tür und Riegel braucht's nur dreier Schritte,

Nur dreier Worte braucht's: Komm Bruder, du!

Sie bleiben ungesprochen und die Tür bleibt zu.

Und jener Wandrer geht, wie er gekommen. –

Dann horchen wir, dann ahnen wir beklommen

Und schauen plötzlich tief und wissen klar,

Daß jener Pilgrim Gottes Bruder war.

Conrad Ferdinand Meyer

Lied: Für die Liebe

Berge

Station 3: Holzkreuz

Holzkreuz

Da hängt er. Jesus am Kreuz.

Spott der Menschen damals.

Und wie sie spotteten über die ersten Christinnen und Christen!

„Ein leidender Gott? Einer, der selbst stirbt? Das ist doch kein Gott! Gott ist groß, erhaben und mächtig. Bleibt uns weg mit diesem Kreuz!“

Das Ärgernis des Kreuzes, nannte Paulus es. Gegen alle Vernunft, gegen alle Überzeugungen ihrer Zeit glaubten sie an den Gekreuzigten.

„Warum hängt ihr euch einen Toten an die Wand und in die Kirchen?“

So fragen auch heute manche.

Haben sie nicht recht?

Sollten wir nicht viel lieber

das Leben feiern?

Sein Leben. Das vor dem Tod. Und das danach.

Unser Leben. Das vor dem Tod. Und das danach.

Wie gebannt blicken wir

auf diesen einen Moment

diese paar Stunden in der Geschichte.

Doch – änderten sie nicht alles?

Riss in der Zeit

Es ist vollbracht!“
So sprach er.

Und die Zeit selbst
riss entwei

für einen Moment
für alle Ewigkeit

und durch den Riss
quollen sie

aus allen Zeiten
aus aller Welt

die Fliehenden
die Hungernden
die Untergegangenen
die Gefolterten

die Ausgemergelten
in den Konzentrationslagern
die Ausgebeuteten
die Erniedrigten

zu ihm schrien sie
und wurden errettet.

Sie hofften auf ihn
und wurden nicht zuschanden.

Und der Himmel stand offen
für sie

für einen Moment
für alle Ewigkeit.

und er, am Kreuz,
die Hände liebend ausgestreckt,
seufzte ein letztes Mal
und verschied.

Lied: Were you there when they crucified my Lord

Dunkel

Dunkel senkt sich über die Welt
Die Masse der Angst
der Verzweiflung
des Hungers
der Einsamkeit
ist zu groß für diese Erde.

Bald zehn Milliarden Menschen
sehnen sich
nach mehr
nach Leben
nach Frieden

oder nach Macht
nach Geld
nach Reichtum

Dunkel senkt sich über die Welt
Die Masse der Angst
quillt klebrig
aus den Ritzen

Das Angstrezept
ist altbekannt
es funktioniert
noch immer.

Solidarität ist ein Fremdwort geworden.
Wenn jeder für sich selbst sorgt, ist für alle gesorgt.

Außer für
die Schwachen
die Einsamen
die Kranken
die Kinder.

Dunkel senkt sich über die Welt.
Die Angst
klebt fest

Wie lange noch?

Christina Brudereck

Station 4: Himmelsleiter

Himmelsleiter

Wie ein Bote aus einer anderen Welt, so schwebt es hier. Dreht sich, majestätisch langsam, schillert in allen Farben, ständig in Bewegung, ständig neu. Wer hindurchsieht, sieht die Welt dahinter, und doch, sie ist es nicht: Das Kreuz verändert alles.

Das Dunkel der Welt, die wir kennen. Das Leid der Menschen. Unsere eigene Nöte und Sorgen – sie sind nicht weg. Aber im Blick auf dieses Kreuz gewinnen sie Farbe. Keine schwarzen Schatten, nein: Bunte Lichtreflexe, österliche Freude scheint auf.

„Himmelsleiter“ hat der Künstler Ludger Hinse dieses Kreuz genannt. Wer davor steht, sieht die Zickzacklinien im Stamm des Kreuzes, die nach oben führen. Und wer genau an der richtigen Stelle steht, sieht sogar sich selbst in diesem Kreuz. Es führt nach oben. Es bleibt nicht stehen. Eine Verbindung zum Himmel.

Farbig. Majestätisch. Bewegt und bewegend. Eine Himmelsleiter, voller Hoffnung.

Sieben Farben

Lothar Zenetti

Lichtgebet

Wir wollen beten um das Licht

das in der Finsternis der Welt

und in die Finsternis unserer Herzen scheint

Lass Dein Licht leuchten

allen Gefangenen in der Welt

den unpolitischen und den politischen

die ermordet und gefoltert werden

in Mossul, Aleppo und an

vielen anderen Orten der Welt

lass sie wissen, dass Dein Licht noch immer scheint

lass sie wissen, dass wir sie nicht vergessen

in deinem Licht

Lass Dein Licht leuchten

allen Hoffnungslosen in der Welt

den wissend und den ahnungslos hoffnungslosen

sende dein licht zu denen

die immer noch mehr Waffen brauchen

um ruhig zu schlafen

lass uns dein gewaltloses licht sehen lernen

im Umgang miteinander

und im Leben mit anderen Völkern

denen wir Weizen und Wissen schulden

lass sie wissen, das dein Licht auch hier

im Land von Nacht und Nebel

immer noch da ist

dass sie willkommen sind in

ihrer Angst, ihrem Schrecken und ihrer Sehnsucht

in deinem Licht

Lass Dein Licht leuchten

allen Einsamen in der Welt

allen Alleingelassenen und Hinterbliebenen

allen jungen Menschen die nicht beheimatet sind

und allen verlassenen Frauen und Männern

lass uns nicht an ihnen vorbei sehen

sondern dein Licht des Trostes verbreiten

lass die Einsamen wissen, dass keiner alleine ist

nicht im Schmerz

nicht in der Depression

nicht in der Niederlage

lass uns alle dein Licht sehen

damit wir selber Licht werden

mach uns stark in deinem Licht

Wir tragen den Himmel, auf den wir zugehen, schon in uns.

So ist der ganze Weg zum Himmel schon Himmel.

Auch wenn der Himmel deines Bewusstseins oft verhangen ist

oder dunkle Wolken ein Ungewitter ankündigen, so darfst du doch

gewiss sein:

Der Himmel in dir kann sich nicht verdunkeln.

Dort, wo Gott in Dir wohnt, dort ist der Himmel.

Dort weitet sich dein Herz, dort ist das neue Licht.

Ludger Hinse

Text nach Dorothee Sölle

Lied: Du Gott der vielen tausend Wege

Jonathan Böttcher

Station 5: Reflektion des Lichtkreuzes

Reflektion des Lichtkreuzes

Ein anderer Blick auf das Lichtkreuz und das alte Holzkreuz. Farbig zeichnet sich das Lichtkreuz ab am Gewölbe. Spiegelungen ergeben sich am Boden, an der Decke. Das farbige Kreuz, es spielt mit der Dunkelheit. Es ist in Bewegung. Es bleibt der Sieger über die Nacht, so wie das Leben siegt über den Tod.

Im Schatten des Holzkreuzes ahnen wir aus dieser Perspektive den, der da hängt. Den, der die Arme ausstreckt, segnend selbst noch im Tod. Er ist da. Er bleibt der Sieger.

Die Himmelsleiter, sie beginnt hier. Heute. Für uns. Für dich. Jesus lädt dich ein. Der Himmel steht dir offen. Er breitet segnend die Hände aus – für dich. Die Schatten deines Lebens sind nicht mehr grau. Sie werden bunt.

Farbige Schatten

Farbige Schatten spielen am Firmament.

Bunte Bögen blühen.

Der Himmel ist bunt.

Gottes Liebe leuchtet.

Der Himmel ist bunt

Bunt sind die Menschen, die den Himmel bewohnen.
Bunt sind die Tiere, die Erde, das Gras.
Bunt und voll Leben, voll Liebe, voll Hoffnung.
Bunt ist der Himmel, bunt und voll Spaß.

Lachend erheben die Kinder die Stimmen,
keines muss mehr den Hunger erfahrn.
Freudig singen die Engel im Himmel,
vergnügt und erlöst, das ist Gottes Plan.

Gott selbst erscheint und wohnt unter ihnen.
Die Farben, sie strahlen noch prachtvoller heut.
Selbst Schatten sind bunt und wollen ihm dienen.
Das ist Gottes Plan: Dass alles gedeiht.

Dein Segen leuchtet in der Nacht

T Birgit Kley M Jonathan Schaffner

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Station 6: Auferstehungsbild Altar

Altarbild

Noch sind wir in der Passionszeit verhaftet, doch dieses Altarbild von Adolf Kleemann, es weist uns darüber hinaus: Jesus ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden! Er fährt auf in den Himmel. Er bereitet den Weg für uns. Er bleibt der Sieger.

Farbenfroh auch hier der Hintergrund. Die Farbe siegt über das Dunkel. Das Leben siegt.

Die blaue Ampel

Gerhard Schöne

Die Osterbotschaft

Wer die Osterbotschaft gehört hat, der kann nicht mehr mit tragischem Gesicht umherlaufen und die humorlose Existenz eines Menschen führen, der keine Hoffnung hat.

Karl Barth

Jesaja 40: Ihr seid mein Volk

Hanns-Dieter Hüsch

Der Müden Kraft

T Eugen Eckert, M Johannes Müller

Vaterunser

Ostersegen

Und nun geht. Geht mit Gottes Segen.
Geht in euer Leben, voller Kraft.
Liebt und streitet, lacht und weint,
lebt jeden Tag voll großer Leidenschaft.

Also geht. Gehet eure Wege.
Füllt die Tage, die er euch geschenkt.
Nutzt eure Gaben, bringt die Welt zum Blühen!
Denn alles kommt von dem, der Erd und Himmel lenkt.

Und nun geht. Das Leben ist voll Wunder.
Und selbst der Tod ist nunmehr nur ein kleines Tor.
Aus allem Dunkel, allen Trauerfalten
spitzt heut das Licht von Gottes Liebe vor.

Abendlied

Jonathan Böttcher