Texte der "Klänge in der Nacht" am 17.3.2017

Alle Texte ohne Autorenangabe stammen von Heiko Kuschel. Texte moderner Autorinnen und Autoren wurden wegen des Copyrights nicht mit abgedruckt.

1. Station: Mose

Mose an der Kanzel

Ich bin Mose. Vor über 300 Jahren stellte man mich unter diese Kanzel. Als ein Zeichen für die Menschen: Die Predigten hier, sie stehen auf dem Grund der Zehn Gebote. Die Predigten, die hier gehalten werden, sie fußen auf dem Alten Testament. Ihr habt gemeinsame Wurzeln mit dem Judentum. Manchmal, in eurer Geschichte, da wäre es gut gewesen, ihr hättet auf dieses Zeichen geachtet.

Ich bin Mose. Vor über 300 Jahren stellte man mich unter diese Kanzel. Ich habe wenige ruhige Zeiten erlebt und viele schlimme. Ich habe Hungersnöte überstanden und manchen Krieg. Was ich in diesen Tagen hören muss, erfüllt mich mit großer Sorge. Menschen, was macht ihr aus Gottes schöner Welt?

Unvorstellbar grausame Kriege führt ihr in fernen Ländern. Unvorstellbar viele Menschen sind auf der Flucht. Anderswo verhungern Kinder. Und die Menschen, die zu euch fliehen, egal ob vor Bomben und Tod oder einfach vor der Hoffnungslosigkeit und dem Hunger: Die, die zu euch fliehen, sind vielen von euch nicht willkommen. Häuser brennen. Gewalt und Hass sind allgegenwärtig. Was macht ihr aus Gottes schöner Welt?

 

Mose. Klänge in der Nacht.

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Aus tiefer Not

Aus tiefer Not schrei ich zu dir,

Herr Gott, erhör mein Rufen.

Dein gnädig’ Ohren kehr zu mir

und meiner Bitt sie öffne;

denn so du willst das sehen an,

was Sünd und Unrecht ist getan,

wer kann, Herr, vor dir bleiben?

Martin Luther

Suche

im Nebel der neusten Nachrichten
suche ich
finde nicht

Zwischen Twitter, Tatort, Tagesschau
suche ich
finde nicht

in Wortwolken voll Widerwärtigkeit im Web
suche ich
finde nicht

Lebenslasten, Leid, Lieblosigkeit
suche nicht
finde ich

Gott, den Gütigen, Gerechten
suche ich
finde nicht

Wo?

Lied: Es muss doch

Mose 2

Ich bin Mose. Vor über 300 Jahren stellte man mich unter diese Kanzel. Ich habe Gottes Wirken erlebt, oft und oft. Ihr kennt meine Geschichte. Meinen Weg mit Gott. Keine geraden Wege waren es, oh nein. Immer und immer wieder zweifelte ich an ihm, an Gott. Ich, der ich Gott doch selbst erlebt hatte. Ich, der ich mit Gott gesprochen hatte.

Vierzig Jahre irrte ich durch die Wüste. Was ich dabei lernte, war: Gott kennt die verschlungensten Wege. Er ist dabei. Doch er ist nie verfügbar. Er ist unser größter Freund und doch der ganz andere. Er ist die Liebe, die sich durch das Leid erweist. Er weiß Wege, wo wir nicht mehr ein und aus wissen.

Ich bin Mose. Ich bin ein Zeuge des Wirkens Gottes in der Welt. Ich weiß: Er hat Wege für uns bereit.

Lied: Du Gott der vielen tausend Wege

2. Station: Marterwerkzeuge auf dem Kanzeldeckel

Marterwerkzeuge auf der Kanzel

Das Kreuz war dir noch nicht genug, Jesus. Hier, auf dem Deckel der Kanzel, halten fünf Engel die Marterwerkzeuge, mit denen Menschen dich quälten. Stab und Schwamm, die Dornenkrone, Nägel und Hammer, eine Lanze und schließlich die Leiter.

Das Kreuz war dir noch nicht genug. Musstest noch mehr Leid auf dich nehmen. Spott und Hohn. Unerträgliche Schmerzen. Die Erniedrigungen durch Worte und Taten. Und zuletzt: Den Tod.

Das Kreuz war dir noch nicht genug, Jesus. In die tiefste Tiefe des Todes, des Leids, der Verzweiflung bist du gegangen. Keinen Ort gibt es nun mehr, der noch gott-los wäre. Keinen Ort gibt es, an dem wir allein wären. Du warst schon da. Das Kreuz war dir nicht genug.

Das Kreuz war dir noch nicht genug, Jesus. Unsere Schuld, unser Versagen, unsere Nöte nahmst du mit. Sie wurden zu Marterwerkzeugen für dich. Das Kreuz ist nicht genug für die Fülle unserer Sünden.

Jesaja 53

Fürwahr,

er trug unsre Krankheit und lud auf sich unsre Schmerzen.

Er ist um unsrer Missetat willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen.

Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt.

Jesaja 53,4.5

Du großer Schmerzensmann

Gerhard Schöne

Manchmal denkt man

Jochen Klepper

Gott ist am allernächsten

Gott ist dann am allernächsten, wenn er am weitesten entfernt scheint.

Martin Luther

Lied: Were you there

3. Station: Vierung – Gewölbe

Das Gewölbe

 

Vorgeschmack auf Klänge in der Nacht

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Aufstrebend, hoch hinauf. Den Himmel abbilden über uns. Schwungvoll erheben sich die Säulen, tragen weit oben über uns den Himmel. Weit schwingen sich die Bögen. Luftig, ja lustvoll und leicht wirkt, was doch harter Stein und uralte Baukunst ist. Staunend hebt sich der Blick empor. Dorthin soll unser Streben gerichtet sein: Auf den Himmel. Auf Gott.

Und doch bleiben wir hier unten. Am Boden. Was hält uns hier? Sind wir nicht schon Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen? Sind wir nicht durch die Taufe schon Bürger des Reiches Gottes?

Doch ach, so leicht ist das nicht. Unsre Pläne, unsre Verpflichtungen, unsre Gedanken kreisen um das, was hier unten ist. Um ganz irdische Dinge.

Zerrissen sind wir zwischen beiden Polen: Himmel und Erde.

Schon jetzt gehören wir dem Himmel – und können uns doch noch nicht lösen von der Erde. Dazwischen sind wir und doch in beidem zugleich. Zwischen Himmel und Erde leben wir. Wir blicken auf den Himmel, doch bleiben wir am Boden. Noch.

Aufbruch

Marlies Blauth

am Boden

und ich stand mit beiden Füßen
schwer am Boden
mitten im ehernen See des Lebens
angefüllt bis an den Rand
mit Leid und
Hass und
Krankheit und
Terminen und
Plänen.

Und ich sah
aufsteigen den Engel
des Herrn

leicht und
strahlend und
vollkommen und
so fröhlich,
fröhlich und vergnügt

Und ich zürnte dem Engel
und sprach:
Siehst du nicht
mein schweres Schicksal
Siehst du nicht
diese ganze Welt
ehern und schwer am Boden?

Und der Engel lächelte
und nahm meine Hand
und ich stieg auf

leicht und
strahlend und
vollkommen und
so fröhlich,
fröhlich und vergnügt

Und eine Stimme sprach:

„Siehe, ich mache alles neu!“

Lied: Zwischen Himmel und Erde

4. Station: Lutherbild

Martin Luther

Martin Luther ist mein Name. Nach mir nennt ihr euch „lutherisch“, und das schon seit nunmehr 500 Jahren. Dabei war es mir immer ein Graus, dass mein Name so verwendet wird, dass meine Person so verehrt wird. Schon damals schrieb ich:

Ich bitte, man wolle von meinem Namen schweigen und sich nicht lutherisch, sondern einen Christen nennen. Was ist Luther? Ist doch die Lehre nicht mein. Wie käme denn ich armer stinkender Madensack dazu, dass man die Kinder Christi dürfte nach meinem nichtswürdigen Namen benennen?“

Nun, ihr habt es trotzdem getan. Ja, ich habe manche Erkenntnis gewonnen, die bis heute nachwirkt. Die Rechtfertigung allein aus Gnaden. Die Rückbesinnung auf die Heilige Schrift. Die Abkehr von der Praxis der Ablassbriefe. Allein aus Glauben und allein durch Christus könnt ihr selig werden!

Was habe ich in meinem Leben gerungen mit Gott. Gerungen mit meinem Glauben. Gerungen mit meinen Zweifeln. Nein, ich war kein Heiliger, ganz und gar nicht, also verehrt mich auch nicht wie einen. Ich war ein Mensch voller Fehler. Ein armer stinkender Madensack. Ich habe sicher viel Gutes bewirkt, aber auch viel Schlechtes. Ich denke an die Bauernkriege. Oder an meine Position zu den Juden, von der ihr euch zu Recht distanziert habt. Vielleicht würde ich das heute auch anders sehen, doch trotz aller reformatorischen Erkenntnisse war ich da wohl zu sehr ein Kind meiner Zeit.

Wie hätte ich ahnen können, was aus meinen Worten wird. Wie hätte ich ahnen können, dass meine Worte über die Obrigkeit dazu führen würden, dass gerade die evangelische Kirche zu großen Teilen einem ganz unchristlichen Führer folgen würde. Wie hätte ich ahnen können, dass meine Worte über die Juden mit den Weg bereiten würden für ganz unbeschreibliche Gräueltaten.

Ich bin nur ein Mensch, kein Heiliger. Doch das entschuldigt nichts. Meine guten Taten helfen mir nicht. Nur mein Glaube, dass Gott mich gerecht macht, wie ich selbst es nicht kann.

Lied: Meine engen Grenzen

5. Station: Chorgestühl

Chorgestühl

 

Altes Chorgestühl. Klänge in der Nacht.

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Der Chorraum: Der älteste Teil der Johanniskirche. Vor über 600 Jahren brach man den alten Chor ab und baute einen neuen. Im Jahre des Herrn 1411 wurde der Neubau geweiht. Und auch dieses Gestühl: Es stammt aus damaliger Zeit. Mindestens die Plätze und deren Abtrennungen sind nun schon seit so vielen Generationen Bestandteil dieser Kirche. Nur die Gitter, die die Überdachung tragen, sind wohl jünger und wurden möglicherweise nach dem Stadtverderben um 1560 gefertigt.

Wer mag hier gesessen haben im Lauf der langen Zeit? Wer hat hier gebetet, gezweifelt, Gott gedankt, ihn gelobt? Wir wissen es nicht. Ein Hauch der alten Zeit streift uns. Nur eines wissen wir: Der Gott, zu dem sie beteten, war der gleiche, zu dem auch wir heute beten. Durch die Jahrhunderte hindurch bleibt er, Gott, der gleiche. Tausend Jahre sind vor ihm wie der Tag, der gestern vergangen. Und es sind noch nicht mal tausend Jahre, seit dieser Teil der Kirche entstand.

Ein Hauch von mir

Ein leiser Hauch
meiner Seele
schwebt noch hier
nach Hunderten von Jahren.

Hierher kam ich
zu Gott
fast jeden Tag.

Ich betete, ich flehte, ich fastete.
Ich sehnte mich so sehr
nach einem liebenden Gott

Mein Leben lang
trieb mich die Sehnsucht nach Gott
Tag für Tag hierher.

Schon lang, so lang ist‘s her,
da rief er mich zu sich.

Bei euch bin ich vergessen.
Nicht mal mehr ein Hauch.
Niemand weiß mehr
meinen Namen
oder irgend etwas
aus meinem Leben.

Doch Gott, er kennt mich.
Mein Sehnen hatte ein Ziel.
Ich bin daheim.

Das Leben ist

Dass Leben ist nicht ein Frommsein, sondern ein Frommwerden,

nicht eine Gesundheit, sondern ein Gesundwerden,

nicht ein Sein, sondern ein Werden,

nicht eine Ruhe, sondern eine Übung.

Wir sind’s noch nicht, wir werden’s aber.

Es ist noch nicht getan oder geschehen,

es ist aber im Gang und im Schwang.

Es ist nicht das Ende, es ist aber der Weg.

Es glüht und glänzt noch nicht alles,

es reinigt sich aber alles.

Martin Luther

Lied: Da wohnt ein Sehnen

6. Station: Stahlplastik

Stahlplastik von Thomas Röthel

 

Auferstehung. Klänge in der Nacht.

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Rätselhaft steht und liegt der Stahl hier. Das neueste Kunstwerk in der über 600jährigen Kunstgeschichte dieser Kirche. Thomas Röthel hat es entworfen, am 4. Advent letzten Jahres wurde es vorgestellt.

Roher, roter Stahl, bei Temperaturen über 1200 Grad bearbeitet. Monumental und gleichzeitig fremd. Zwei Teile: Am Boden liegt die äußere Hülle. Sie ist leer. Der Kern jedoch, er steht aufrecht. Strebt dem Himmel entgegen. Und trägt eine große Kerze. Ein Symbol der Auferstehung.

Der Stahl steht fest und unverrückbar wie Gottes Wort. Doch gleichzeitig bleibt es ein Fremdkörper in dieser Welt. Was soll es sein? Wozu dient es?

Hier sollen Besucher nun Kerzen anzünden können als Zeichen des Gebets. Ein Buch liegt bereit, um die eigenen Gebetsanliegen eintragen zu können. Weiches Wachs tropft auf kalten, harten Stahl. Das Gebetbuch liegt daneben. Unsere Gebete, unsere Anliegen scheinen auf eine leere, tote Hülle zu treffen. Hört sie jemand? Ist da einer, der unsere Gebete erhört?

Erst im Blick auf die Auferstehung, auf die Stele daneben, wird deutlich: Unser Gebet ist nicht umsonst. Es ist himmelwärts gerichtet. Durch den, der auferstand. Durch den, der die Distanz zwischen Himmel und Erde überwand. Durch den, den wir das Licht der Welt nennen.

Über das Beten

Was das Gebet an Kraft, Fülle und Wirksamkeit an sich habe, können wir, fürchte ich, nicht genug herausstreichen. Denn so schlicht und einfach es klingt, so tief, so reich und weit ist es, und niemand kann es ergründen.

Martin Luther

Fix you – deutsch

Wenn du dein Bestes gibst, doch ohne Erfolg
Wenn du kriegst, was du willst, aber nicht was du brauchst
Wenn du so müde bist und doch nicht schlafen kannst
gefangen in einer Endlosschleife

Wenn die Tränen über dein Gesicht strömen
Wenn du etwas Unersetzliches verlierst
Wenn du jemanden liebst, doch die Liebe verkümmert
Könnte es schlimmer sein?

Lichter werden dich nach Hause führen
Und deine Knochen entfachen
Und ich werde versuchen dich zu heilen

Hoch oben oder tief unten:
Wenn du zu verliebt bist, um loszulassen
Wenn du es nie versuchst, wirst du einfach nie wissen
Was du wert bist

Lichter werden dich nach Hause führen
Und deine Knochen entfachen
Und ich werde versuchen dich zu heilen

Tränen strömen dir über dein Gesicht
Wenn du etwas Unersetzliches verlierst
Tränen strömen dir über dein Gesicht

Und ich …

Tränen strömen über dein Gesicht
Ich verspreche dir, dass ich aus meinen Fehlern lernen werde
Tränen strömen über dein Gesicht

Und ich …

Lichter werden dich nach Hause führen
Und deine Knochen entfachen
Und ich werde versuchen dich zu heilen

Coldplay – deutsch: nach http://www.songtexte.com/uebersetzung/coldplay/fix-you-deutsch-3d6b50b.html

Einladung zum Kerzen anzünden

Jesus ist das Licht der Welt. Auf ihn hoffen wir. Und wir hoffen darauf, dass unser Gebet nicht auf einer hohlen, leeren Grundlage geschieht. Wenn Sie möchten, zünden Sie eine Kerze an für Ihre persönlichen Anliegen. Wenn Sie möchten, stellen Sie sie ab auf dem harten Stahl – oder davor auf dem Boden, wenn der Platz nicht mehr reicht. Lassen Sie die Kerzen brennen als Zeichen der Hoffnung und der Auferstehung.

Lied: Fix you

Kerzen. Klänge in der Nacht.

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Sieben Farben

Lothar Zenetti

Gebet

Dietrich Bonhoeffer

Vorsatz

Dawna Markova

Lied: Der Müden Kraft

Vaterunser

Vater unser im Himmel.

Geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigem.

Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Ostersegen

Und nun geht. Geht mit Gottes Segen.
Geht in euer Leben, voller Kraft.
Liebt und streitet, lacht und weint,
lebt jeden Tag voll großer Leidenschaft.

Also geht. Gehet eure Wege.
Füllt die Tage, die er euch geschenkt.
Nutzt eure Gaben, bringt die Welt zum Blühen!
Denn alles kommt von dem, der Erd und Himmel lenkt.

Und nun geht. Das Leben ist voll Wunder.
Und selbst der Tod ist nunmehr nur ein kleines Tor.
Aus allem Dunkel, allen Trauerfalten
spitzt heut das Licht von Gottes Liebe vor.