Predigt zum Schulanfangsgottesdienst der Landwirtschaftsschule: Planloser Jesus?

Liebe Schülerinnen und Schüler der Landwirtschaftsschule, liebe Lehrerinnen und Lehrer!

Heute möchte ich, dass Sie sich richtig ärgern über mich. Nein, eigentlich über Jesus. Nein, natürlich nicht. Oder vielleicht doch?

Ach nee, denken Sie jetzt vielleicht. Ist doch eh alles schon schwer genug gerade. Und jetzt bringt der Pfarrer hier noch nicht mal ne schöne Predigt, wo ich mich mal ein bisschen ausruhen kann und gestärkt rausgehen kann mit einem guten Gefühl. Jetzt will der mich auch noch ärgern.

Na ja, vielleicht kommt das mit dem guten Gefühl noch. Aber fangen wir mal von vorne an. Bei Ihnen, die Sie sich darauf vorbereiten, als Landwirte einen ganz wichtigen Beitrag zu leisten für unsere Versorgung, für den Erhalt der Natur und so vieles mehr. Beziehungsweise die schon mittendrin stehen in diesem Beruf.

Die Sorgen waren schon immer groß. Seit etwa zehn Jahren mache ich jetzt diese Gottesdienste und habe von den Schwierigkeiten gehört, die Sie beschäftigen. Und auch von der geringen Anerkennung, die Sie oft für Ihre Arbeit bekommen.

Und jetzt eskaliert irgendwie alles nochmal. Diesel ist doppelt so teuer. Dünger kostet viermal so viel. Irgendwie müssen Sie die Kosten wieder reinkriegen, aber die Verkaufspreise steigen natürlich auch nicht so schnell. Und selber brauchen Sie ja auch mehr Geld zum Leben. Wo soll das herkommen?

Und zu allem Überfluss haut der Klimawandel jetzt langsam wirklich rein. Monatelange Trockenheit hier bei uns. Bescheidene Ernten. Bewässern ist oft auch keine Lösung, es war ja auch kein Wasser mehr da in diesem Sommer.

Mag sein, dass die Inflation irgendwann wieder nachlässt. Aber die Energiepreise werden wohl erst mal hoch bleiben und der Klimawandel geht definitiv nicht mehr weg. Doch welche Pflanzen werden Sie in Zukunft anbauen können? Keiner weiß, wann die Niederschläge in Zukunft kommen werden, welche Pflanzen mit dem zukünftigen Klima tatsächlich zurechtkommen werden.

An allen Enden brennt es, und Sie müssen irgendwie einen Plan für Ihre persönliche und betriebliche Zukunft machen.
„Unser tägliches Brot gibt uns heute“ lautet eine der Bitten aus dem Vaterunser.

Lange schien das so selbstverständlich zu sein, hier bei uns. Sie, die Landwirte, haben schon dafür gesorgt, dass Brot immer verlässlich da sein konnte.

Aber auf einmal ist das nicht mehr so klar, dass wir immer genügend Getreide haben werden.

Tägliches Brot? Wie werden wir uns in 20 Jahren ernähren? Werden wir genug haben, auch wenn’s vielleicht was anderes ist als Brot? Wir schienen auf einem guten Weg, weltweit den Hunger einzudämmen, und jetzt kommt dieser Krieg und diese Energie- Wirtschafts- und Ernährungskrise, alles oben auf den Klimawandel drauf.

Ich blättere nur ein kleines bisschen weiter von der Stelle im Matthäusevangelium, an der das Vaterunser steht. Ein paar Verse weiter sagt Jesus etwas, das Sie vielleicht auch kennen. Eine ganz bekannte Stelle.

28Und warum sorgt ihr euch um die Kleidung? Schaut die Lilien auf dem Feld an, wie sie wachsen: Sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht. 29Ich sage euch, dass auch Salomo in aller seiner Herrlichkeit nicht gekleidet gewesen ist wie eine von ihnen. 30Wenn nun Gott das Gras auf dem Feld so kleidet, das doch heute steht und morgen in den Ofen geworfen wird: Sollte er das nicht viel mehr für euch tun, ihr Kleingläubigen? 31Darum sollt ihr nicht sorgen und sagen: Was werden wir essen? Was werden wir trinken? Womit werden wir uns kleiden?
32Nach dem allen trachten die Heiden. Denn euer himmlischer Vater weiß, dass ihr all dessen bedürft. 33Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen. 34Darum sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen. Es ist genug, dass jeder Tag seine eigene Plage hat.

So, und jetzt hoffe ich, dass Sie sich wirklich mal darüber ärgern. Was soll das, Jesus? Wir, die Landwirte, wir sorgen doch dafür, dass es allen gut geht. Ohne uns würden doch nicht mal die berühmten Lilien auf dem Feld wachsen.

Jesus, du hast doch echt keine Ahnung. Willst uns sagen, dass wir nicht vorsorgen sollen!

Und ja: Sie haben recht. Ohne Sie würde hier alles zusammenbrechen. Aber: Sie können dennoch keinen einzigen Getreidehalm selber bauen. Sie können keine Lilie herstellen. Sie können Samen säen, die wachsenden Pflanzen pflegen und beschützen, das Getreide abernten, alles das. Und doch gibt es Dinge, die nicht in Ihrer Hand liegen. Das Wachsen der Pflanzen. Ihre Schönheit. „Wenn nun Gott das Gras auf dem Feld so kleidet, das doch heute steht und morgen in den Ofen geworfen wird: Sollte er das nicht viel mehr für euch tun, ihr Kleingläubigen?“

So fragt Jesus. Dabei muss er doch auch Menschen gekannt haben, die Hunger hatten, die nicht genug zu Essen hatten. Oder hat er in so einer beschützten Blase gelebt, in der das alles keine Rolle spielte? Glaub ich eigentlich nicht.

Ist Jesus so blauäugig? Vielleicht denken Sie gerade auch an manche, die mit ihren Vorschlägen die Landwirtschaft verändern wollen – und die Ihnen aus Ihrer Sicht genauso blauäugig vorkommen. Ja super, und jetzt auch noch Jesus. „Sorget nicht, Gott wird schon für euch sorgen!“ Na danke.

Diese Sätze stehen in der soganannten Bergpredigt, Matthäus, Kapitel 5 bis 7. Da stehen lauter solche Dinge, die eigentlich komplett unmöglich sind für uns. Dem anderen die Wange hinhalten zum Beispiel. Ein Idealbild davon, wie Menschen leben könnten, wenn alle achtsam und guten Willens wären.

Sind sie aber nicht. Wir haben Krieg, wir haben Länder mit Volksaufständen, wir haben Hungerregionen, aus denen ;Menschen zu uns kommen, weil sie sonst sterben würden, und und und.

So schön es wäre, einfach im Vertrauen auf Gott in den Tag zu leben: Wir müssen planen. Wir müssen bebauen – und dabei versuchen, die Erde zu bewahren. Sie sind da oft viel näher dran als alle anderen.

Letzten Endes geht es Jesus aber vielleicht auch um was anderes. Denn wichtiger als das Leben hier ist für ihn, dass wir bei Gott gut aufgehoben sind. Er will uns sagen: Gott ist da. Er sorgt für euch. Er wird euch nicht vor jeder Gefahr bewahren, euch nicht jede Sorge nehmen, aber: Er hat euch ausgestattet mit so vielem, vielem Guten.

Darum: Natürlich müsst ihr planen und bebauen und finanzieren und alles das. Das ist euer Beruf. Aber: Sorgt euch nicht, ich sag’s jetzt mal so klassisch: Sorgt euch nicht um eure Seele.

Denn auch in schweren Zeiten sagt Gott: Ich halte dich in meiner Hand. Du kannst Hoffnung haben. Für die Zukunft.

Amen.