Wort in der Mitte am 7.2.2017: Geduld mit Gott
Liebe Gäste der Vesperkirche, liebe Gastgeberinnen und Gastgeber,
„Am Ende wird alles gut. Und wenn es nicht gut ist, ist es noch nicht das Ende.“ So hat Oscar Wilde einmal geschrieben.
Ich möchte Ihnen heute wirklich nicht das Essen verderben. Aber: Nach „am Ende wird alles gut“ sieht es derzeit ja wirklich nicht aus. Und ganz egal, ob Sie jetzt gerade an die große Weltpolitik denken oder vielleicht an eine schwere Krankheit in der Familie oder etwas ganz anderes: Manchmal ist es wirklich schwer, die Zuversicht hochzuhalten, dass alles gut wird.
Ich habe heute früh im Stadtbus ein Buch angefangen zu lesen, bin noch nicht wirklich über das Vorwort hinausgekommen, aber das hat schon gereicht, um meinen Plan für heute umzuschmeißen. Denn davon möchte ich Ihnen erzählen. Tomáš Halík, ein katholischer Theologieprofessor aus Tschechien, schreibt in seinem Buch „Geduld mit Gott“ genau von dieser Situation: Wir erleben etwas Böses und fragen uns, was Gott damit zu tun hat. Und irgendwie scheint es da zwei grundsätzliche Antworten zu geben. Die eine: Wenn Gott nichts unternimmt, dann gibt es ihn nicht. Das wäre der Atheismus. Die andere Möglichkeit ist, ich übertreibe das jetzt ein bisschen, so lange Halleluja zu singen, bis der Schmerz vergessen ist.
Tomáš Halík meint: Beide übersehen dabei etwas ganz Wichtiges. Sowohl Atheisten als auch relgiöse Fundamentalisten merken nicht: Gott ist noch gar nicht fertig mit ihnen, denn es ist ja noch nicht alles gut. Er schreibt:
Manchmal müssen wir recht tief in den Abgrund, in das Tal der Schatten hinabsteigen, um den Pfad wieder zu finden. Würde er nicht hierdurch führen, so wäre es kein Weg zu Gott – Gott wohnt nicht an der Oberfläche. (S. 11)
Haben wir manchmal zu wenig Geduld mit Gott? Das ist ein Gedanke, der mich heute sehr beschäftigt. Gott ist noch nicht fertig mit mir. Gott ist noch nicht fertig mit Ihnen. Und Gott ist auch noch nicht fertig mit der Welt. Am Ende, ganz am Ende, macht Gott alles gut. Bis dahin ist es noch nicht fertig.
Und was machen wir bis dahin? Glauben, hoffen und lieben. Glauben, dass Gott da ist, auch wenn er manchmal verborgen zu sein scheint. Hoffen, dass er sich wieder zeigen wird und alles gut macht. Und natürlich: Lieben. Die Menschen um uns herum, uns selbst – und Gott.
Ich wünsche Ihnen, dass Sie Gottes Nähe spüren können. Ich wünsche Ihnen, dass Sie Glaube, Hoffnung, Liebe spüren können. Vielleicht heute, bei den Begegnungen hier in der Vesperkirche. Ich wünsche Ihnen Geduld mit Gott. Und die Hoffnung: Am Ende wird alles gut.
Für heute wünsche ich Ihnen noch eine schöne Zeit in der Vesperkirche Schweinfurt und gute, hoffnungsvolle Begegnungen.